Muss es immer "keimfrei" sein – reicht "sauber" nicht mehr aus? Entgegen den Werbebotschaften sind Hygieneexperten und die zuständigen Fachbehörden sich einig: Der Einsatz von Desinfektionsmitteln, z. B. in Form von antibakteriellen Reinigungsprodukten, ist unter normalen Bedingungen im Haushalt überflüssig. Das Umweltbundesamt, das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Robert Koch-Institut (RKI) betonen dies einhellig.
Ihr Einsatz ist nicht nur unnötig. Antibakterielle Stoffe (Biozide) bergen Risiken für die Gesundheit und verursachen Umweltbelastungen. Da die Mittel nicht alle Mikroorganismen abtöten können, drohen zudem gefährliche Resistenzen.
Mikroorganismen wie Bakterien sind überall. Nur wenige von ihnen sind wirklich gesundheitsschädlich. Die meisten sind sogar lebensnotwendig für uns.
Auf der Haut wehren Mikroben schädliche Umwelteinflüsse ab, im Darm sind sie für die Verdauung unerlässlich, sie schützen vor anderen Krankheitskeimen und stärken das Immunsystem. Dies ist besonders für die Entwicklung von Kindern sehr wichtig. Eine zu sterile Umwelt schädigt dieses wichtige Gleichgewicht.
Waschen Sie sich die Hände nach jedem Toilettengang, vor jedem Zubereiten von Speisen und bei Verschmutzungen ca. eine halbe Minute lang. Benutzen Sie eine einfache, aber hautfreundliche Seife.
Weniger ist mehr bei Reinigungsmitteln. Regelmäßig verwendet reichen ein einfacher Allzweckreiniger, Spülmittel, Essigessenz gegen Kalk und Scheuermilch (ohne Bleichmittel) gegen verhärteten Schmutz völlig aus. Vermeiden Sie das Ansammeln von Spezialreinigern.
Waschen Sie oft Spüllappen und Schwamm. Reinigungsutensilien sollten stets nach Gebrauch gut ausgewaschen und getrocknet werden. Spätestens wenn sie beginnen, unangenehm zu riechen, sollten sie erneuert werden. Waschen Sie mehrfach verwendbare Putz- und Spüllappen bei 60°C.
Halten Sie Bad und Küche trocken und lüften Sie täglich. Sorgen Sie für eine geringe Luftfeuchtigkeit in Ihrer Wohnung, denn dies hemmt das Wachstum von bakteriellen Keimen und von Pilzen. Besonders wichtig ist ein regelmäßiger Luftaustausch. Lüften Sie daher mehrfach täglich jeweils ein paar Minuten bei ganz geöffneten Fenstern ("querlüften").
Entfernen Sie sofort Speise- und Fettreste mechanisch, denn sie können Nährböden für Krankheitskeime sein. Leeren und säubern Sie regelmäßig den Abfalleimer.
Achten Sie auf die empfohlene Waschtemperatur und wählen Sie das Waschmittel entsprechend. Die Inhaltsstoffe in normalen Waschpulvern wirken bereits antibakteriell. Desinfizierende Waschzusätze ("Hygienespüler") sind nicht notwendig.
Reinigen und enteisen Sie regelmäßig Ihren Kühlschrank. Achten Sie auf Frische der Lebensmittel, entsorgen Sie regelmäßig alte Speisereste aus dem Kühlschrank bevor sie zu schimmeln beginnen, und achten Sie auf ausreichende Kühltemperatur im Gefrierschrank.
Immer mehr Menschen entwickeln schon im Kindesalter Allergien, Asthma oder Neurodermitis. Verantwortlich dafür sind auch Umweltfaktoren, die die Immunabwehr schwächen. Kinder in den Städten haben mehr Probleme mit einem schwachen Immunsystem als Kinder auf dem Land, die mehr Keimen ausgesetzt sind. Viele Desinfektionsmittel wirken sensibilisiernd und lösen Allergien und Kontaktdermatitis aus. Einige gelten sogar als krebserregend und erbgutverändernd. Hinzu kommt das Risiko von Vergiftungen.
Die zweite Gefahr bei Desinfektionsmitteln ist die Entwicklung von Resistenzen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass überlebende Keime unempfindlich gegenüber den verwendeten Desinfektionsmitteln werden können. Es besteht das Risiko, dass solche Bakterien gegenüber den wichtigen Antibiotika ebenfalls unempfindlich werden können. Im schlimmsten Falle ist die Wirkung von Antibiotika bei einer Infektion nicht mehr sichergestellt.
Die antibakteriellen, desinfizierenden Stoffe gelangen mit dem Abwasser in Kläranlagen und Gewässer. Dort können sie die nützlichen Mikroorganismen und andere Wasserlebewesen schädigen. Triclosan, ein sehr giftiger, langlebiger antibakterieller Stoff reichert sich zum Beispiel in Fischen an und setzt beim Abbau Dioxine frei. Triclosan wird antibakteriellen Hygiene- und Kosmetikprodukten wie Zahnpasta oder Seifen zugesetzt und dient der antibakteriellen Ausrüstung von Textilien und Kunststoffen.
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Hintergrundinformationen
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PAN Germany Empfehlungen für Verbraucher, Handel und Politik
Auszug aus "Desinfektionsmittel im täglichen Gebrauch"
Desinfektionsmittel gehören in Krankenhäuser und Arztpraxen, aber im Normalfall nicht in die Wohnung. Lebt eine Person mit einer ansteckenden Erkrankung oder einer Immunschwäche im Haushalt, kann der Einsatz von Desinfektionsmitteln (z.B. für die Hände) oder antibakteriellen Reinigern sinnvoll sein. Dies sollte aber im Detail mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.
In einem gesunden Haushalt ist von zusätzlicher Chemie abzuraten, denn jedes einfache Reinigungsmittel oder Waschpulver wirkt bereits über die enthaltenen Tenside antibakteriell. Dies reicht aus.
Achten Sie auf die Auslobung der Produkte in der Werbung oder auf der Verpackung. Es werden oft die Worte. "antibakteriell", "desinfizierend" oder "beseitigt Bakterien und Viren" benutzt. Achten Sie auf die Inhaltsstoffe auf der Rückseite der Verpackung. Oft wird nur "Desinfektionsmittel" angegeben. Häufig verwendet werden z.B. Benzalkoniumchlorid oder Natriumhypochlorit. Nutzen Sie Informationsquellen wie das Internet oder Beratungsstellen.
In vielen Produkten und Gegenständen können sich
Desinfektionsmittel verstecken. Beispielsweise gibt es
antibakterielle Socken oder andere "Hygiene-Textilien",
antibakteriell beschichtete Kühlschränke, Stifte, Laptoptastaturen,
Telefonhörer, Brillen oder Laminat. Oft werden
Silberionen als Desinfektionsmittel eingesetzt.
Das Pestizid Aktions-Netzwerk bietet weitere praktische
Informationen, beispielsweise zum Umgang mit Schädlingen
im Haus unter:
www.pan-germany.org/deu/projekte/biozidrisiken_mindern.html
Das Umweltbundesamt informiert unter: www.biozid.info/
Tipps der Verbraucherzentrale Hamburg zum Thema "umweltschonend Wäsche waschen" unter: www.vzhh.de -> Umwelt
Weitere Beratungsstellen in Hamburg
Verbraucherzentrale: 040 - 248 32 - 260© 2018 PAN Germany Seitenanfang PAN Germany, E-Mailvalidieren