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Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.

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Zappelphilipp und Störenfrida: Pestizide und ADHS

30.06.2010, PAN Germany, Susanne Smolka

Aus: PAN Germany Pestizid-Brief Mai / Juni 2010

Eine neue US-amerikanisch-kanadische Untersuchung untermauert die Annahme, dass die Exposition gegenüber Organophosphat-Pestiziden die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Kinder eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) entwickeln.1

Bei 3-10% aller Kinder wird ADHS diagnostiziert. Verschiedene Autoren, die leicht betroffene und nicht therapiebedürftige Personen mit berücksichtigen, sprechen auch von Raten bis zu 25%. Jungen sind deutlich häufiger betroffen als Mädchen.

Das Forscherteam um Prof. Maryse F. Bouchard von der Universität von Montreal in Quebec untersuchte, ob ein Zusammenhang zwischen ADHS und der Exposition gegenüber Pestiziden vorliegt. Es ist bekannt, dass die Exposition gegenüber Organophosphaten assoziiert ist mit neurologischen Entwicklungsstörungen. Dazu zählen für die soziale Umwelt als negativ empfundene Verhaltensänderungen oder Defizite der kognitiven Fähigkeiten. Allerdings wurden in früheren Studien Personen mit einer im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung stark erhöhten Exposition untersucht.

Die Studie von Bouchard et al. widmet sich erstmals den Effekten bei Kindern. Zur Auswahl der untersuchten Kinder wurde der National Health and Nutrition Examination Survey (2000-2004), ein Fragebogen zum Gesundheit und Ernährungsstatus herangezogen. Bei 1139 Kindern im Alter von 8 bis 15 Jahren wurden die Konzentrationen von sechs Metaboliten im Urin analysiert, die aus rund 28 verschiedenen Organophosphatpestiziden entstehen können. Unter den Probanten wurden 119 Kinder identifiziert, die Symptome von ADHS aufwiesen.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass Kinder mit einer 10-fach erhöhten Konzentration des Metaboliten Dimethylalkylphosphat (DMAP) im Urin eine 55% höhere Wahrscheinlichkeit für die Diagnose ADHS aufwiesen.

Besonders alarmierend waren die Zusammenhänge zwischen ADHS und einem anderen untersuchten Organophosphat-Metaboliten. Bei Kindern mit einer überdurchschnittlich hohen Konzentration an Dimethylthiophosphat wurde fast doppelt so häufig ADHS diagnostiziert als bei jenen ohne nachweisbare Belastung mit dem Marker. Nach Prof. Bouchard ist diese Verdopplung eine signifikante Auswirkung.

Warum manche Kinder erhöhte Pestizidrückstände bzw. Metabolite aufwiesen, wurde nicht untersucht. Ernährung ist aber wohl eine wichtige Quelle für die Pestizidbelastung bei Kindern, so dass davon auszugehen ist, dass ein relevanter Anteil der Exposition aus von den Kindern bevorzugten Frucht- und Gemüsearten stammt. So wurden beispielsweise in den USA im Jahr 2008 in 28% der Proben gefrorener Heidelbeeren, in 25% der Proben frischer Erdbeeren und in 19% der Proben von Sellerie Rückstände von Malathion nachgewiesen.

In den USA werden noch ungleich mehr Organophosphate als Nervengifte gegen Schädlinge eingesetzt, als z.B. in Deutschland. Dennoch macht auch diese Studie wieder deutlich, wie wichtig Maßnahmen zur Reduzierung des Pestizideinsatzes und der damit einhergehenden Risiken sind. Eltern kann nur der Rat gegeben werden, soviel wie möglich Bioprodukte zu kaufen und Obst und Gemüse so gründlich wie möglich zu waschen.

(Susanne Smolka)

1 Maryse F. Bouchard, David C. Bellinger, Robert O. Wright and Marc G. Weisskopf (2010): Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder and Urinary Metabolites of Organophosphate Pesticides. Online publiziert am 17. Mai 2010: http://pediatrics.aappublications.org/cgi/content/abstract/peds.2009-3058v1

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