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Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.

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Erster EFSA-Bericht zu Pestizidrückständen in Lebensmitteln

31.08.2009, PAN Germany, Susanne Smolka

Aus: PAN Germany Pestizid-Brief Juli / August 2009

Der Bericht über die Belastung von Lebensmitteln in der EU und den EFTA-Staaten Norwegen und Island mit Pestizidrückständen wurde für das Untersuchungsjahr 2007 erstmals von der EU-Lebensmittelbehörde EFSA verfasst.1 Die Befunde zeigen wie zu erwarten keine spürbare Verbesserung der Gesamtsituation. Andererseits erstaunt die Ergebnisdarstellung der EFSA. PAN Germany kritisiert den Rückschritt in der Transparenz.2

Noch immer können durch Pestizidrückstände in Nahrungsmitteln akute Gesundheitsrisiken für die Verbraucher entstehen. Dies ist eine der wichtigsten Aussagen des EFSA-Berichts.

Im Durchschnitt überschritten 2007 rund 4% der EU-weit untersuchten Lebensmittelproben die vorgeschriebenen Rückstands-Höchstmengen. Wird nur Obst und Gemüse betrachtet, liegt der Wert sogar bei fast 5%. Deutschland ist kein Vorbildland, sondern liegt mit 4,85% nur im europäischen Mittelfeld. Über 74.000 Proben aus rund 350 Lebensmitteln wurden 2007 in 29 Staaten auf Pestizidrückstände analysiert. Dies ist eine Steigerung um 13%. Grund ist u.a. die erstmalige Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse aus den jüngsten EU-Mitgliedstaaten Bulgarien und Rumänien.

Noch immer gibt es eine immense Differenz bei der Anzahl der berücksichtigten Pestizide. Die deutschen Untersuchungsämter liegen mit großem Abstand an der Spitze. Bei Obst und Gemüse wurden 727 verschiedene Pestizide untersucht. Viel schlechter sieht die Situation in den anderen Staaten aus. In Bulgarien begrenzte sich die Lebensmittelüberwachung auf 14 Pestizide. Kein einziges Labor in Bulgarien ist nach EU-Standard akkreditiert. In Rumänien werden die untersuchten Lebensmittel immerhin auf 93 Pestiziden untersucht, in Frankreich auf rund 266.

Neun Lebensmittel wurden genauer analysiert: Pfirsiche, Erdbeeren, Salat, Äpfel, Hafer, Roggen, Porree und Tomaten. In 47% der Proben dieser Lebensmittel waren Pestizidrückstände nachweisbar. Pfirsiche, Erdbeeren, Salat und Äpfel waren besonders hoch bzw. häufig belastet.

Das Problem des hohen Anteils an nachgewiesenen Mehrfachrückständen bleibt auch im Untersuchungsjahr 2007 bestehen. In 26% aller untersuchten Proben konnte mehr als ein Pestizidrückstand nachgewiesen werden.

Besonders problematisch ist die Auswertung der Befunde hinsichtlich ihrer Gesundheitsrisiken. Der Bericht fasst zusammen, dass 52 Produkt/Pestizid-Kombinationen Rückstandswerte aufwiesen, bei denen ein akutes Gesundheitsrisiko für Verbraucher, besonders für Kinder, nicht ausgeschlossen werden kann. Nach den Risikoberechnungen überschritten beispielsweise Methomyl und Thiodicarb die gesundheitlich relevante akute Referenzdosis bei Salat um 6,24% und Methamidophos um 2,24%. Bei 29 besonders problematischen Produkt/Pestizid-Kombinationen wurden Maßnahmen gestartet, z.B. durch Herabsetzen der Höchstmengen oder durch Anwendungsbeschränkungen. Diazinon wurde als ein Pestizid ausgemacht, bei dem potentiell chronische Gesundheitsrisiken nicht auszuschließen sind. Ende 2007 wurden deshalb die Höchstmengen für Diazinon herabgesetzt und zudem - so betont der Bericht - darf Diazinon zukünftig in der EU nicht mehr eingesetzt werden.

Erstmals wird der Bericht durch die EFSA und nicht mehr durch die EU-Generalkommission für Gesundheit und Verbraucherschutz verfasst. Der Bericht erscheint in neuem, ansprechendem Design, bietet in der Ergebnisdarstellung aber weniger Informationen. So werden im Vergleich zur früheren Berichterstattung nur noch die Rückstandshöchstmengen-Überschreitungen in den Ergebnistabellen dargestellt. In wie vielen Proben Rückstände unter bzw. bis zur zugelassenen Höchstgrenze nachgewiesen wurden, stellt die EFSA nicht direkt ersichtlich dar. Dies ermöglicht der Behörde die positive Nachricht zu verkünden, dass 96% aller untersuchten Proben den Vorgaben der festgelegten Rückstands-Höchstmengen entsprechen. Wer wissen möchte, in wie viel Lebensmittelproben Pestizidkonzentrationen unter oder bei der erlaubten Höchstmenge nachweisbar waren, bleibt nur der Blick in den Anhang mit den zigtausend Einzelergebnissen. Ohne die entsprechende Software ist die Auswertung eine Sisyphusarbeit. Aus der Sicht von PAN ist diese Darstellung ein deutlicher Rückschritt in der Transparenz. Die Richtschnur sollte nicht nur an der Einhaltung der festgelegten Höchstmengen ausgerichtet sein. Zumal auch dieser Bericht wieder veranschaulicht, wie häufig Behörden gerade bei den Rückstandshöchstmengen nachbessern müssen (siehe das oben erwähnte Beispiel Diazinon).

Der Anteil untersuchter Lebensmittel mit nachweisbaren Rückständen ist aus PAN-Sicht ein guter Anzeiger für die Qualität unserer Lebensmittel und auch ein guter Anzeiger für den Erfolg der Maßnahmen, die zukünftig im Rahmen der Nationalen Aktionspläne zur Reduzierung der Abhängigkeit vom chemischen Pflanzenschutz durchgeführt werden sollen. Die offensichtliche Schönfärberei der EFSA ist den festgeschriebenen Zielen der neuen Pestizidpolitik abträglich.

(Susanne Smolka)

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