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Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.

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DDT-Eliminierung auf steinigem Pfad

20.12.2008, PAN Germany, Carina Weber

AUS: PAN Germany Pestizid-Brief November/Dezember 2008

Ein Ziel der 2004 in Kraft getretenen Stockholm Konvention ist, das Insektizid DDT weltweit zu eliminieren. Im November 2008 fand in Genf ein Stakeholder Meeting statt, das sich mit einem Businessplan zum Aufbau einer weltweiten Partnerschaft zur Entwicklung von DDT-Alternativen befasste.

In der Stockholm Konvention hat DDT einen Sonderstatus. Es muss nicht sofort global eliminiert werden, sondern kann zunächst weiter als Insektizid verwendet werden, um Krankheiten übertragende Organismen (Vektoren) zu bekämpfen. Dabei geht es vor allem um die Malariabekämpfung. Zum DDT-Einsatz sagt die Konvention, dass Produktion und Nutzung von DDT enden sollen. Staaten, die das Insektizid dennoch herstellen oder einsetzen wollen, müssen dies dem Sekretariat mitgeteilt haben. Die Vertragsstaatenkonferenz soll jeden DDT nutzenden Vertragsstaat dabei unterstützen, einen Aktionsplan zur Implementierung der Konventionsziele, und damit der DDT-Eliminierung, zu entwickeln. Da die Konvention bereits 2004 in Kraft trat, könnte erwartet werden, dass es inzwischen erste Anzeichen dafür gibt, dass auf DDT verzichtet wird. Die Daten über die DDT-Verwendung sprechen jedoch eine andere Sprache. Zwischen 2003 und 2007 stieg der Einsatz von DDT jährlich um 6% an.1

Auf der dritten Vertragsstaatenkonferenz 2007 im Senegal beauftragten die Vertragsstaaten das Sekretariat der Konvention, in Absprache mit der Weltgesundheitsorganisation und den Vertragsstaaten einen Plan für die Errichtung einer Globalen Partnerschaft zur Entwicklung und Implementierung von DDT-Alternativen zu erstellen, einen so genannten Businessplan. Daraufhin trafen sich vom 3. bis 5. November 2008 in Genf 58 VertreterInnen internationaler Organisationen, von Vertragsstaaten der Konvention und weiterer Staaten sowie der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft, um den Entwurf eines Planes für den Aufbau einer "Globalen Partnerschaft zur Entwicklung von DDT-Alternativen in der Vektorbekämpfung" zu beraten.

Während des Stakeholder Meetings präsentierte Henk Van den Berg als Repräsentant des Konventiossekretariats die aktuellste Datengrundlage. Seinem Bericht über die weltweite Nutzung von DDT und DDT-Alternativen bei der Kontrolle Krankheiten übertragender Krankheiten2 zufolge werden derzeit jährlich rund 5000 Tonnen DDT eingesetzt. Sowohl die Produktion als auch der Einsatz findet in größtem Umfang in Indien statt. Insgesamt 19 Vertragsstaaten, überwiegend in Afrika, halten DDT zurzeit für unverzichtbar in der Malariakontrolle. Weitere afrikanische Staaten erwägen, die Nutzung von DDT zur Vektorkontrolle wieder einzuführen. Angesichts der weiteren Nutzung von DDT ist ein erhebliches Problem, dass viele Länder weder über eine adäquate Gesetzgebung noch über eine Pestizidpolitik verfügen, um DDT halbwegs akzeptabel handhaben und überwachen zu können. Ein weiteres Problem sind Altbestände.

Dem Bericht von Van den Berg zufolge sind derzeit 17 alternative chemische und nicht-chemische Methoden zur Vektorkontrolle ohne DDT verfügbar. In der Realität wird meist der "Chemie" vertraut: Es werden Pestizide (überwiegend Pyrethroide) in Innenräumen versprüht oder mit Pyrethroiden behandelte Bettnetze verteilt. Van den Berg betonte, dass kosteneffektive Methoden nicht nur diese beiden Maßnahmen umfassen würden, sondern auch nicht-chemische. Nicht-chemische Ansätze in der Vektorkontrolle seien jedoch selten. Sie seien zudem nicht wie Insektizide einfach anzuwenden: Ihr Einsatz hängt von der lokalen Situation ab.

Hier setzt die Kritik von PAN an. Die Implementierbarkeit nicht-chemischer Maßnahmen hängt erheblich vom politischen Willen ab. Das zeigt etwa das Beispiel Mexiko, wo nicht-chemische Maßnahmen gestärkt und auf DDT in den Malariakontrollprogrammen verzichtet wurde. Das so genannte Integrated Vector Management umfasst im ganzheitlichen Sinne die Einbeziehung der Bevölkerung, bauliche Maßnahmen, die Reduktion von Brutstätten und Schlupfwinkeln der Malaria übertragenden Moskitos und auch ein neues System der medikamentösen Behandlung von Schwangeren und Erkrankten. Ein so verstandener integrierter Ansatz der Vektorkontrolle kann die Verwendung chemischer Mittel deutlich senken. Ein solcher Ansatz wirkt daher gleich in zweierlei Hinsicht positiv. Zum einen sind auch alternative Pestizide für Mensch und Umwelt problematisch, zum anderen ist das Wirkstoffspektrum im Bereich der chemischen Alternativen von der Resistenzproblematik betroffen. Durch die geringe Zahl der für die Malariabekämpfung zur Verfügung stehenden Wirkstoffe besteht eine große Gefahr, dass Mücken Resistenzen und sogar Kreuzresistenzen, also Unempfindlichkeit gegen mehr als einen Wirkstoff entwickeln.

PAN setzt sich deshalb dafür ein, dass die Geldgeber von Malariaprogrammen mehr Augenmerk auf nicht-chemische Maßnahmen legen. Solcherlei Ausrichtung war auf dem Stakeholder Meeting jedoch kaum erkennbar. Im Gegenteil: Apologeten des DDT-Einsatzes störten die Arbeitsgruppen-Diskussion über DDT-Alternativen und hier insbesondere jene über nicht-chemische Alternativen erheblich. Einzelne Staaten im Verbund mit der chemischen Industrie setzen alles daran, den Fokus eng auf chemische Maßnahmen zu halten, wodurch auch die Ausrichtung des Businessplans erheblich beeinflusst wurde.

Der in Genf diskutierte Businessplan für den Aufbau einer globalen Partnerschaft zur Entwicklung und Implementierung von DDT-Alternativen wurde von Beraterin Magali Cubier von der Firma Dalberg Global Advisers entworfen und vorgestellt. Der Plan verfolgt vier Ziele: 1.) Entwicklung einer Faktenbasis zur Formulierung von Politik und von Entscheidungen, 2.) Reduktion der Komplexität und Kosten der Einführung von DDT-Alternativen, 3.) Einführung neuer, alternativer Pestizide und 4.) Entwicklung nicht-chemischer Produkte und Verfahren. Die Diskussion des Entwurfes wurde von dem Interesse einzelner TeilnehmerInnen beeinflusst, die Eliminierung von DDT zu verlangsamen und möglichst ganz in Frage zu stellen. Diesem Ansinnen steht nicht nur der Geist und Text der Stockholm Konvention, sondern standen auch die VertreterInnen integrierter Vektorkontrollverfahren entgegen. Letztere hoben hervor, dass die Nutzung insektizidbehandelter Bettnetze, die aktuell eine zentrale Säule der Malariabekämpfung darstellt, das Auftreten der Vektoren, und damit das Kernproblem, nicht reduziert.

Als alternative Maßnahmenbündel für den Businessplan wurden drei Modelle diskutiert: 1.) die Verabschiedung einer Deklaration, 2.) die Schaffung einer globalen Initiative zur Entwicklung einer guten Faktenbasis für DDT-Alternativen, die allerdings eher ad hoc arbeitet und 3.) die Schaffung einer Partnerschaftsplattform. Da die Variante drei vielen zu weit reichend und aufwändig erschien, sprachen sich die Teilnehmerinnen überwiegend für die Kombination von Variante eins und zwei aus, sodass Anspruch und Verbindlichkeit sehr moderat gehalten wurden. 3

Die Entscheidung über den Businessplan wird im Mai 2009 auf der 4. Vertragsstaatenkonferenz fallen. Dann wird auch deutlich werden, ob der Eliminierungsplan des Sekretariats Wirklichkeit werden kann. Danach soll es einen Drei-Phasen-Plan für die DDT-Eliminierung geben: 2007-2010: Entwicklung eines Businessplans und von Partnerschaften zur Entwicklung von Alternativen sowie die Entwicklung von nationalen Kapazitäten zur Implementierung von Alternativen. 2009-2017: Implementierung ausgewählter Alternativen resultierend in einer Reduktion der DDT-Produktion. Bis 2020: Eliminierung aller DDT-Restbestände.
(Carina Weber)

1 Nach einer Dalberg-Power Point Präsentation des 'Interim report on the development and deployment of alternatives to DDT for disease vector control' im Rahmen des 'Stakeholder Meeting to Review the Draft Business Plan to Promote a Global Partnership for Developing Alternatives to DDT ' am 3.11.2008 in Genf
2 Global status of DDT and its alternatives for use in vector control to prevent disease, UNEP/POPs/DDTBP.1/2, 24.10.08
3 Vgl. Draft report of the Stakeholders' Meeting to review the interim report for the establishment of a global partnership to develop alternatives to DDT, UNEP/POPS/DDTBP.1/12

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