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Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.

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Folgen der zonalen Zulassung von Pestizidprodukten

01.05.2007, Susanne Smolka

Aus: PAN Germany Pestizid-Brief Mai/Juni 2007

Welche Folgen hätte die zonale EU-Zulassung von Pestizidprodukten im Vergleich zur derzeitigen nationalen Zulassung? Dieser Frage ging die dänische Umweltbehörde nach. Der aktuell veröffentlichte Folgenabschätzungsbericht gibt Aufschluss und ist nicht nur für Dänen interessant1.

Nach der Sommerpause werden das EU-Parlament und der Rat der EU über den Vorschlag der EU-Kommission zu einer neuen Pestizidzulassungs-Verordnung in erster Lesung abstimmen. Die Verordnung wird die derzeitige EU-Richtlinie 91/414 zur Zulassung von Pestiziden ablösen und schlägt unter anderem vor, Pestizidprodukte nicht mehr einzelstaatlich zuzulassen, sondern in drei großen EU-Zulassungszonen. Wird ein Produkt in einem Staat in einer der drei Zonen zugelassen, müssen die anderen Staaten derselben Zone diese Zulassung anerkennen. Derzeit gibt es bereits die Möglichkeit der gegenseitigen Anerkennung von Zulassungen. Aus dieser <">Kann-Regel" soll jedoch zukünftig ein obligatorisches Verfahren werden.

PAN lehnt dieses Verfahren aus verschiedenen Gründen ab. Zum einen steht es im Widerspruch zu anderen Gesetzgebungen (z.B. zum Biozid- und Chemikalienrecht sowie zur Wasserrahmenrichtlinie). Zum anderen steht die willkürliche Aufteilung in drei große Zonen im Widerspruch zu den ökologischen, klimatischen und naturräumlichen Gegebenheiten und dem Trend im Risikomanagement, das immer kleinräumiger und differenzierter ausgeführt wird. Nicht zuletzt sollte jeder Staat souverän selbst den Schutzstandard bei der Ver-marktung und Anwendung gefährlicher Produkte festlegen dürfen (solange dieser nicht hinter dem EU-harmonisierten Standards zurückbleibt) und Maßnahmen bei der Zulassung ergreifen dürfen, die für die nationa-len Aktionspläne zur Pestizidreduktion als notwendig erachtet werden.

Dänemark ist Vorreiter bei der Entwicklung eines nationalen Pestizid-Aktionsplans und der Implementierung von Pestizid-Reduktionsmaßnahmen in der EU. Die Zielsetzung der dänischen Regierung ist ein hoher Schutzstandard für ihre Bürger und deren Umwelt. Was ist in Dänemark hinsichtlich ökonomischer und öko-logischer Effekte zu erwarten, wenn sich das Konzept der Zonenzulassung durchsetzt? Auch ohne detaillierte Analyse kann eines prognostiziert werden: Ein innovatives Engagement eines Einzelstaates wie Dänemark, das ohne jeden Zweifel in anderen Ländern zum Nachdenken und Nachmachen angeregt hat, wird es nicht mehr geben. Dänemark wird nach dem Kommissionsvorschlag der Zone A "Norden" zugeteilt, das Land könnte aber auch der Zone B "Mitte" angehören. Die kleine Zone A umfasst nach dem derzeitigen Entwurf die drei baltischen Länder Estland, Lettland und Littauen sowie Schweden, Finnland und Dänemark. Mit rund 44% der gesamten EU-Agrarfläche ist die Zone B " Mitte" die größte der drei Zonen und umfasst 12 Mitgliedsstaaten, von Großbritannien bis Slowenien und von Polen bis nach Belgien. Die dritte Zone soll die sieben südlichen Länder der EU umfassen.

Im Rahmen der Folgenabschätzung der dänischen Umweltbehörde wurden Szenarien anhand ausgewählter Kulturen erarbeitet (Winterweizen, Raps, Kartoffeln, Mais, Erdbeeren, Äpfel und Karotten). Dänemark hat in den letzten Jahrzehnten mit dem Ziel der Risiko- und Mengenreduktion eine strenge Zulassungspolitik verfolgt. Die Zahl der aktuell in Präparaten zugelassenen Wirkstoffe ist vergleichsweise niedrig. Sie entspricht nur 30-50% der in den Ländern der Zone Nord verfügbaren Pestizide und nur 10-30% der in den Ländern der Zone Mitte in vermarkteten Produkten zugelassenen Wirkstoffe. Konsequenterweise wird die nationale Verfügbarkeit von Pestiziden bei einer zonalen Zulassung drastisch ansteigen.

Neben diesem negativen Effekt gäbe es vielleicht den positiven Effekt des Bürokratieabbaus. Dieser lässt sich jedoch nicht abschätzen. Schließlich wird mindestens ein Land pro Zone bei der Erstzulassung die Zu-lassungsprüfung durchführen müssen. Wie oft dies Dänemark betrifft, ist, wie für alle anderen Staaten, nicht vorauszusehen und liegt in den Händen der Antragsteller für die Pestizidzulassung, der Pestizidindustrie.

Hinsichtlich der Grundwasserqualität befürchtet die dänische Umweltbehörde eine Erhöhung der Pestizidbelastung um 19-20% und eine Grenzwertüberschreitung von 5-6%, falls die in anderen Ländern noch zugelas-senen gewässerrelevanten Pestizide wieder verwendet werden dürften. Besonders bedenklich wäre nach Ein-schätzung der Behörde die Wiedereinführung des Herbizids Dichlobenil zur Anwendung auf Nicht-Kulturland. Dieses Risiko hinzugerechnet, ergäbe sich eine um rund 35% höhere Grundwasserbelastung und eine 14%ige Grenzwertüberschreitung. Die Auswirkungen von Pestiziden, die in Dänemark bisher niemals eingesetzt wurden, also neu auf dem Markt kämen, sind nicht abzuschätzen.

Sollte Dänemark gezwungen werden, durch eine zonale Zulassung die Schutzstandards, besonders im Grundwasserschutz, abzusenken, rechnet die Umweltbehörde mit Zusatzkosten innerhalb der nächsten 50 Jahre zwischen 5 und über 7 Millionen Euro. Die schwer zu kalkulierenden Kosten ökosystemarer Auswirkungen und eines Biodiversitätsverlustes sind dabei nicht mitgerechnet.


1 Danish Environmental Protection Agency (2007): Randzoner og andre pesticidfrie beskyttelsesstriber i dyrkede arealer - en udredning: http://www.mst.dk/Udgivelser/Publikationer/2007/05/978-87-7052-488-9.htm?wbc_purpose=basic%23%23I%23

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