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NEPTUN: Wichtiges Instrument der Pestizidpolitik

01.12.2006, PAN Germany, Susan Haffmans

Bis zum Jahr 2000 gab es kaum statistische Erhebungen zum Einsatz von Pestiziden oder frei verfügbare Informationen über die tatsächliche Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft in Deutschland. Zwar gibt es seit 2002 in Deutschland eine im Bundesnaturschutzgesetz festgeschriebene, schlagbezogene Dokumentationspflicht, jedoch keine Berichtspflicht seitens der Landwirte und keine Erhebungspflicht seitens der zuständigen Ämter. Rückschlüsse auf den mengenmäßigen Einsatz von Pestiziden in Deutschland konnten bis zum Jahr 2000 daher lediglich anhand veröffentlichter Verkaufsdaten der Pestizidindustrie getroffen werden. Eine Vielzahl relevanter Fragestellungen ließ sich auf dieser Grundlage nicht beantworten. Detaillierte Daten über Pestizidanwendungen sind aber eine unverzichtbare Grundlage, um statistische Aussagen für Regionen, Jahre, Monate, Wirkstoffe, Fruchtarten und Anwendungstechniken treffen zu können, auf deren Grundlage Trends bezüglich des Pestizideinsatzes abzuschätzen sind und Einflüsse von Veränderungen in der Agrarpolitik verfolgt werden können. Vor diesem Hintergrund mangelnder statistischer Anwendungsdaten wurde 1999 NEPTUN als Programm des Instituts für Integrierten Pflanzenschutz der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) ins Leben gerufen.

NEPTUN ermittelt den tatsächlichen Pestizideinsatz (einschließlich Wachstumsregulatoren und Saatgutbehandlungen) in unterschiedlichen Bezugsräumen Deutschlands. Die erhobenen Daten ermöglichen erstmals, betriebs-, naturraum- und kulturspezifische Unterschiede bei der Anwendung von Pestiziden zu dokumentieren und mit Hilfe des Behandlungsindexes Aussagen über die "Intensität der Pestizidanwendung" zu treffen. Der Behandlungsindex bezeichnet die Anzahl der tatsächlich ausgebrachten Pestizide bezogen auf die zugelassene Aufwandmenge und die Anbaufläche der Kultur. Je größer die Zahl des Behandlungsindexes, desto intensiver ist der chemische Pflanzenschutz in der jeweiligen Anbaukultur.

Bisher sind vier NEPTUN-Berichte veröffentlicht.¹ Sie enthalten Daten über den Pestizideinsatz im Ackerbau, Obstbau, Weinbau, Hopfen und in Erdbeeren. Die Wiederholung der Untersuchungen, wie sie im Obstbau (NEPTUN 2002 und 2004) erstmals stattgefunden haben, ermöglicht erste Aussagen über Trends im Pestizideinsatz. Die Beteiligung der Landwirte an NEPTUN ist freiwillig und nicht flächendeckend. So wurden für die ersten Erhebungen im Ackerbau (NEPTUN 2000) Daten von 942 Betrieben erfasst.

Noch müssen Schwierigkeiten bei der Übertragbarkeit der Daten (Repräsentativität) überwunden werden. Dies sollte nach Auffassung von PAN Germany auch durch die Erhöhung der Erhebungsdichte erfolgen. Je mehr landwirtschaftliche Betriebe sich an NEPTUN beteiligen, desto eher sind die so ermittelten Daten repräsentativ für den jeweiligen Bezugsraum. Je kleinflächiger statistisch abgesicherte Aussagen über den tatsächlichen Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft möglich sind, desto detaillierter können darauf basierende raumbezogene, umweltrelevante und auf den Verbraucherschutz ausgerichtete, aber auch betriebswirtschaftlich interessante Aussagen getroffen werden.

PAN Germany hat sich über viele Jahre für mehr Transparenz im Pflanzenschutz eingesetzt und bereits 2003 mit einer Studie die Möglichkeiten der statistischen Erfassung und Nutzbarmachung von Anwendungsdaten in Europa dargelegt.² Das in Deutschland realisierte System der NEPTUN-Erhebungen bleibt deutlich hinter dem Vorschlag von PAN Germany zurück. Gleichwohl ist PAN Germany der Meinung, dass NEPTUN ein unverzichtbares Instrument der Pestizidpolitik darstellt. Derzeit erarbeitet ein Expertengremium der EU-Kommission Vorschläge für eine Richtlinie, die alle Mitgliedstaaten verpflichtet, Pestizid-Ausbringungsdaten zu erheben. Hier könnte der deutsche NEPTUN-Ansatz einer repräsentativen Erhebung des tatsächlichen Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft beispielgebend sein. Im Rahmen des deutschen Reduktionsprogramms chemischer Pflanzenschutz werden die Ergebnisse der NEPTUN-Erhebungen herangezogen, um abzuschätzen, wie erfolgreich die Maßnahmen des Programms zur Reduktion der Intensität des chemischen Pflanzenschutzes wirken. Mehr Informationen über NEPTUN sowie die Möglichkeiten und Grenzen seiner Nutzung erhalten Sie in der neuen PAN Germany-Publikation "NEPTUN: Darstellung - Grenzen - Möglichkeiten".³

(Susan Haffmans)

(aus: PAN Germany Pestizid-Brief November/Dezember 2006)

¹ Bezug der NEPTUN-Berichte: BBA, Außenstelle Kleinmachnow, Inst. für Folgenabschätzung im Pflanzenschutz, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow oder die Website http://www.bba.de.
² PAN Germany (2003): Pesticide Use Reporting - Options and Possibilities for Europe, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), Hamburg
³ PAN Germany (2006): NEPTUN - Darstellung, Möglichkeiten und Grenzen. Hamburg. http://www.pan-germany.org

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