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Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.

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Parkinson'sche Krankheit durch Pestizide -Neue Einsichten des BfR

01.09.2006, PAN Germany, Wolfgang Bödeker

Das Bundesinstitut für Risikobewertung nimmt in einer aktuellen Veröffentlichung zu Pestizidexpositionen und Parkinson Stellung - bedauerlicherweise, ohne klar Stellung zu beziehen.

Dass Pestizide die Parkinson'sche Krankheit, eine chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems, verursachen können, wird bereits seit 20 Jahren befürchtet. Seitdem nämlich wurde dieser Zusammenhang in einer Reihe von wissenschaftlichen Studien beobachtet. Unter besonderem Verdacht steht dabei das Herbizid Paraquat. PAN Germany und PAN International haben daher frühzeitig und wiederholt öffentlich auf diese Gefahr hingewiesen und darauf gedrungen, diesen Stoff nicht mehr in den Verkehr zu bringen1. Dennoch wurde Paraquat, das auch wegen seiner akuten Giftigkeit besonders problematisch ist, vor wenigen Jahren für die weitere Anwendung als Pflanzenschutz-mittel in der EU zugelassen. Die Zulassung erfolgte gegen den Protest mehrerer EU-Mitgliedsländer - hierunter war aber nicht Deutschland.

Nun hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine Stellungnahme zum Zusammenhang zwischen Pestizidexposition und Morbus Parkinson veröffentlicht2. Das Institut kommt zu dem Fazit: "Die Ergebnisse der Metaanalyse von 38 epidemiologischen Studien deuten auf eine relativ konsistente Assoziation zwischen einer Pestizidexposition und der Möglichkeit, an Morbus Parkinson zu erkranken, hin." Als besonderer Hinweis auf einen solchen Zusammenhang gilt gemeinhin, wenn das Risiko zu erkranken, mit zunehmender Exposition ebenfalls zunimmt. Eine solche Dosis-Wirkungsbeziehung hält das BfR für gegeben.

Neben der Auswertung von epidemiologischen Studien hat das BfR eine Prüfung der biologischen Plausibilität aufgrund von wirkungsmechanistischen Betrachtungen und von Ergebnissen aus Tierversuchen vorgenommen. Und auch hier ist das zusammenfassende Urteil deutlich: "Aus diesen Studien zur biologischen Plausibilität ergeben sich gewisse Hinweise, dass bestimmte Pestizide Symptome auslösen und entsprechend histopathologische Veränder-ungen hervorrufen können." Demgegenüber kommt das BfR zu dem abschließenden Urteil: "Ein kausaler Zusammenhang zwischen einer Pestizidaufnahme und dem Entstehen der Krankheit beim Menschen kann somit derzeit nicht belegt werden." Da das BfR nicht erklärt, was denn unter einem "kausalen Zusammenhang" verstanden wird und bei welchen Ergebnissen davon gesprochen werden soll, hat sich das Institut für Risikobewertung eben dieser Risikobewertung entzogen. Vor allem nämlich bliebe zu bewerten, was denn aus einem nach Sicht des BfR fehlenden kausalen Zusammenhang, jedoch dem Vorliegen "einer konsistenten Assoziation" aus der Perspektive eines Vorsorgeprinzips zu schließen ist. Das Verhalten überrascht nicht, ist doch das BfR bislang auch sonst nicht durch klare und nachvollziehbare Bewertungsmaßstäbe aufgefallen.

Die Gerichte sind offensichtlich viel weiter. Bereits 2003 urteilte das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, dass die Parkinson-Erkrankung eines Landwirts wegen dessen Anwendung von Pestiziden als Berufskrankheit anzuerkennen ist (Az. L2U 260/00, siehe auch www.pan-germany.org). Die Anerkennung einer Berufskrankheit setzt übrigens einen kausalen Zusammenhang zwischen Exposition und Krankheit voraus. Vielleicht hätte das BfR besser einen Blick in die Urteilsbegründung geworfen.

(Wolfgang Bödeker)

(aus: PAN Germany Pestizid-Brief September / Oktober 2006)


1 PAN Germany (2003): Paraquat exposure and Parkinson's Disease. Fact Sheet: http://www.pan-germany.org/download/fact_paraquat.pdf
2 Bundesinstitut für Risikobewertung (2006): Pestizidexposition und Parkinson: BfR sieht Assoziation, aber keinen kausalen Zusammenhang. Stellungnahme Nr. 033/2006 des BfR v. 27.Juni 2006: http://www.bfr.bund.de

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