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Gentech-Baumwolle in Afrika: Das Ende der Standhaftigkeit

01.07.2006, PAN Germany, Susan Haffmans

Bislang waren Benin, Mali, Tschad, Kamerun, die Elfenbeinküste, Ghana und Togo frei von genetisch veränderter Baumwolle. Damit ist es nun vorbei. Anlässlich eines von der Weltbank und der Welthandelsorganisation (WTO) organisieren Seminars in Ouagadougou kündigten die teilnehmenden Wirtschafts- und Agrarminister der o.g. west- und zentralafrikanischen Staaten sowie Burkina Fasos an, dass sie transgene Baumwolle einführen und Forschung auf dem Gebiet der genveränderten Baumwolle (GM Baumwolle) fördern werden.1

Geplant ist ein Zentrum für Biotechnologie sowie eine regionale Beobachtungsstelle. Mit der Schaffung dieser Forschungseinrichtung ist auch der Wunsch verbunden, afrikanische Forscher im Land zu halten, die aufgrund fehlender inländischer Möglichkeiten häufig versucht sind, außerhalb Afrikas ihrer Forschungstätigkeit nachzugehen. Die nun geplante Förderung einer solchen Forschungseinrichtung ist womöglich die Gegenleistung der Geldgeber für die Erlaubnis, genetisch veränderte Baumwolle einzuführen.

In einem Artikel der Liberation Afrique wird den Veranstaltern der Konferenzen und Seminare vorgeworfen, dass sich dahinter eine weitreichende Strategie der Weltbank und der US-Regierung verbirgt, die länderspezifischen Regulierungen für GMO-Produkte zu harmonisieren. Die Idee sei, GMO-freundliche Regulationen in einigen Regionen zu etablieren und diese Regulierungen dann als ein Modell für andere benachbarte Länder zu nutzen. Besonders scharf wurde kritisiert, dass die inländischen Debatten außer Acht gelassen werden und NGOs und Bürger-VertreterInnen von entscheidenden Sitzungsrunden ausgeschlossen wurden.2

Mit Burkina Faso den Fuß in der Tür

Bis heute hatte von den Teilnehmerländern der Konferenz allein Bukina Faso bereits Versuche mit genetisch veränderter Baumwolle des amerikanischen Konzerns Monsanto zugelassen. Hierbei hatte sich Bamako an den Erfahrungen Südafrikas orientiert, die bereits seit Ende der neunziger Jahre bt-Baumwolle von Monsanto anbauen, die mit Hilfe eines Bakteriengens weitgehend resistent gegen den Schädling Baumwollkapselwurm gemacht wurde. Mittlerweile macht bt-Baumwolle in Südafrika 4/5 der gesamten Baumwolle aus, weltweit sind es rund 13%.3

Doch bis auf Burkina Faso hat bislang keines der auf der Versammlung repräsentierten Länder den Schritt in Richtung GM-Baumwolle gewagt. Ein Richtungswandel kündigte sich jedoch bereits auf einer vergleichbaren, von der amerikanischen Regierung organisierten Konferenz vor zwei Jahren an: Der burkinische Agrarminister Salif Diallo rief damals dazu auf, sich den Chancen der neuen Technologien nicht zu verschließen. Ähnlich äußerte sich Ghanas Präsident John Kuffour, der sagte, ohne diese Technologie sei Entwicklung kaum möglich.4 Die Regierungschefs Malis, Ghanas, Nigerias und Burkina Fasos waren "geneigt", GMOs in der Landwirtschaft einzusetzen, wollten sich jedoch erst versichern, dass von den GMOs "keinerlei Gefahr für die Bevölkerung und die Umwelt" ausgehe. John Penn, Vize-Agrarminister der USA, erschien persönlich, um den afrikanischen Entscheidungsträgern die "Vorteile" der Biotechnologie zu präsentieren.

Afrika ist nicht alleiniges Ziel des US-amerikanischen Agrarministeriums im Werben um die Vorzüge von GMOs: Mit einer Reihe solcher Konferenzen begegnet das Ministerium "Vorurteilen" gegen genveränderte Pflanzen, so auch mit einer Konferenz in Sacramento 2003 und einer Konferenz in Costa Rica 2004.

Gentech-Baumwolle in Benin?

Zum westafrikanischen Staat Benin hat PAN Germany durch die langjährige Kooperation im Cotton-Projekt mit der OBEPAB (Organisation Béninoise pour la Promotion de l'Agriculture Biologique) eine besondere Beziehung. Baumwolle wird in Benin vorwiegend von Kleinbauern angebaut und gehört zu den Hauptanbauprodukten in Benin. Über 60% der Bevölkerung ist direkt oder indirekt an der Baumwollwirtschaft beteiligt, 98% der Baumwolle wird exportiert. Im Anschluss an die Konferenz von 2004 äußerte sich Didier Madafimé, Pressesprecher des Agrarministeriums von Benin, noch zurückhaltend: "Die Konsequenzen, sowohl für die Bevölkerung als auch mögliche spätere Abhängigkeiten von Pflanzenschutzmitteln der Großkonzerne und dem immer wieder neuen Saatgut, sind noch längst nicht geklärt" (taz). Doch jetzt, vier Jahre später, bröckeln die Mauern gegen den Einzug von GM-Cotton. Das Moratorium gegen GM-Cotton läuft 2007 aus. Der Agrarminister Benins hat, wie die der anderen sieben Länder auch, dem Einzug von GM-Baumwolle zugestimmt. Nachdem bekannt wurde, dass sich die Regierung von Benin der GM-Baumwolle öffnen will, haben sich VertreterInnen der OBEPAB in einer Regionalkonferenz "Introduction du coton transgénique en Afrique de l'Ouest: l'agriculture africaine en danger" ("Einführung transgener Baumwolle in Westafrika: Afrikanische Landwirtschaft in Gefahr") engagiert. Die auf der öffentlichen Konferenz engagierten NGOs versuchen, die Zivilgesellschaft aufzuklären und zu mobilisieren. Besonders kritisieren die NGOs die Strategie der Weltbank, das sog. "Proposed West Africa Regional Biosafety Project" (s. Infobox) einführen zu wollen, das zum Ziel hat, bei den Regierungen der betroffenen Staaten eine einheitliche Gesetzgebung durchzusetzen, welche die Einfuhr, Produktion und Vermarktung von GMOs erleichtert und regelt. Welchen Stellenwert die Weltbank und die Konzerne einer Beteiligung der Zivilgesellschaft der betroffenen Länder zuordnet, zeigt sich u.a. darin, dass das entsprechende Schriftstück für den frankofonen Raum bis heute lediglich auf Englisch vorliegt.5

Biosafety Protocol

Das seit September 2003 rechtskräftige Protokoll über die Biologische Sicherheit (Biosafety Protocol) ist ein internationales Abkommen, in dem erstmals völkerrechtlich verbindliche Regeln über den grenzüberschreitenden Handel mit "lebenden, gentechnisch veränderten Organismen" festgelegt sind. Inzwischen haben 132 Staaten das Protokoll anerkannt. Nicht zu den Unterzeichnern zählen einige Länder mit hohen Agrarexporten wie USA, Argentinien, Australien und Kanada. Das Protokoll ist ein Folgeabkommen der 1992 in Rio unterzeichneten Konvention über Biologische Vielfalt. Darin sind Maßnahmen vorgesehen, um die genetischen Ressourcen vor möglichen Gefahren zu schützen, die mit der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen verbunden sein können. Wenn z.B. lebende, gentechnisch veränderte Organismen in ein anderes Land exportiert werden sollen, um dort in die Umwelt freigesetzt zu werden, ist ein bestimmtes Informations- und Entscheidungsverfahren einzuhalten (Advanced Informed Agreement Procedure). Das Ausfuhrland ist verpflichtet, dem Empfängerland alle Informationen zugänglich zu machen, die für eine Sicherheitsbewertung erforderlich sind. Das Einfuhrland kann den Import verbieten, wenn plausible Zweifel an der Sicherheit für Umwelt, biologische Vielfalt und menschliche Gesundheit bestehen. Anders als bei den Regeln des Welthandelsabkommen (WTO) ist keine fundierte wissenschaftliche Beweisführung notwendig, um ein Verbot zu begründen. Das Protokoll erlaubt Staaten somit, aus Vorsorge Importverbote zu verhängen.

Die afrikanischen NGOs befürchten eine weiter steigende Abhängigkeit der (Klein-) Bauern von der Saatgutindustrie und eine tief greifende Einschränkung der kommunalen Selbstbestimmung. Auch von der größeren Wirtschaftlichkeit der GM-Baumwolle ist man nicht überzeugt. Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass die Einführung von GM-Baumwolle mit hohen ökonomischen Risiken für die Bauern verbunden ist. Für das Saatgut müssen z.B. die südafrikanischen Bauern das Doppelte im Vergleich zum konventionellen ausgeben, doch sie sparen nicht im gleichen Umfang Kosten für Pestizide und andere Inputs ein. Damit steigen die Investitionen für die Produktion. Bei sinkenden Weltmarktpreisen oder Ernteausfällen, die z.B. durch klimatische Bedingungen hervorgerufen werden können, ist das Risiko der Verschuldung sehr hoch.6 Wer immer auch an der Einführung der GM-Baumwolle verdienen wird, die Kleinbauern in Benin werden wohl nicht dazugehören.

(Susan Haffmans)

(aus: PAN Germany Pestizid-Brief Juli/August 2006)


1 http://www.rfi.fr/actufr/articles/078/article_44575.asp
2 http://www.liberationafrique.org/article. php3?id_article=1325
3 mehr dazu unter http://www.zeit.de/2006/ 16/Gentechnik_Afrika?page=2
4 taz vom 25.6.2004, S. 9, http:/www.taz.de/ pt/2004/06/25/a0136.1/text
5 http://www.grain.org/front/?id=96
6 PAN Germany fact sheet unter http://www. pan-germany.org/download/fs_bw_gentec.pdf

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