01.05.2004, Carina Weber
In seinem jüngsten Jahresbericht stellt der Industrieverband Agrar (IVA) fest, dass sowohl der Nettoinlandsumsatz seiner Mitgliedsfirmen als auch die Exporterlöse sowie die produzierte Wirkstoffmenge und die exportierte Wirkstoffmenge rückläufig waren. Gleichzeitig stiegen der Umsatz auf dem Weltpestizidmarkt und die in Deutschland abgesetzte Wirkstoffmenge an.
"Wettergott stört Pflanzenschutz" - so lautet der Titel der Pressemitteilung des Industrieverband Agrar zum Thema Pestizidmarkt 2003. Die beklagte Störung zielte allerdings wohl weniger auf die Lage in der Praxis des Pflanzenschutzes als vielmehr auf den Um- und Absatz der Pestizidindustrie. Schließlich heißt es im Text für die Presse weiter: "Der Markt für Pflanzenschutzmittel in Deutschland hat unter der extremen Kälte des Frühjahrs 2003 ebenso gelitten wie unter der Rekordhitze des Sommers. Wegen der Witterung wurden vor allem weniger Mittel gegen Pilzkrankheiten benötigt. Nur auf dem kleinen Markt für Insektizide war eine Steigerung zu registrieren. Der Umsatz bei Herbiziden hat sich wenig geändert."
Apologeten des Pestizid-Reduktionsprogramms könnte diese Aussage zur monetären Entwicklung der Pestizidbranche wohlgemut stimmen. Mit Blick auf die in Deutschland abgesetzte Wirkstoffmenge liest sich die Mitteilung des IVA jedoch mit etwas anderer Tendenz, denn: "Die abgesetzte Wirkstoffmenge ist dagegen wieder auf das Niveau von 2001 gestiegen." Als Ursache hierfür gibt der IVA an, "dass im vergangenen Jahr wieder verstärkt preiswerte Wuchsstoffherbizide zum Zuge kamen, die mit höheren Aufwandmengen eingesetzt werden".
Was diese Aussage mit Blick auf den Umwelt- und Gesundheitsschutz bedeutet, ist nicht bestimmbar. Auch für das vergangene Jahr hat der Industrieverband Agrar erneut nur sehr hoch aggregierte Daten veröffentlicht. Angaben zum Absatz einzelner Wirkstoffe und einzelner Pestizid-Handelsprodukte werden weiterhin geheim gehalten.
Abzulesen ist aus jenen durch den IVA im Jahresbericht publizierten Daten, dass in Deutschland 2003 rund 90.000 Tonnen Wirkstoffe produziert wurden, und damit weniger als in den Vorjahren. Im Vordergrund stehen bei der Produktion die Fungizide, gefolgt von den Herbiziden und Insektiziden
(vgl. Tabelle 1).
Tabelle. 1: Produzierte Wirkstoffmenge
in Deutschland in Tonnen (IVA-Mitgliedsfirmen) |
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2001 | 2002 | 2003 | |
Fungizide | 38 609 | 38 677 | 37 887 |
Herbizide | 22 393 | 21 193 | 20 637 |
Insektizide | 11 377 | 10 347 | 8 582 |
Sonstige | 14 976 | 16 591 | 16 673 |
Summe | 87 355 | 86 808 | 83 779 |
Demgegenüber stehen bei den in Deutschland abgesetzten Pestizid-Wirkstoffen die Herbizide an erster Stelle, gefolgt von den Fungiziden und den Insektiziden. Sowohl bei den Herbiziden als auch bei den Fungiziden und Insektiziden gab es gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg der in Deutschland abgesetzten Wirkstoffmenge (vgl. Tabelle 2).
Tabelle 2: Abgesetzte Wirkstoffmenge
in Deutschland in Tonnen (IVA-Mitgliedsfirmen) |
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2001 | 2002 | 2003 | |
Herbizide | 13 337 | 12 135 | 15153 |
Fungizide | 8 418 | 9 713 | 9720 |
Insektizide | 868 | 737 | 895 |
Sonstige | 3 601 | 4 050 | 2833 |
Summe | 26 224 | 26 635 | 28601 |
Die bedeutsamste Exportregion der deutschen Pestizidindustrie ist weiterhin die NAFTA (USA; Kanada; Mexiko) mit einem Exportanteil von 31%, gefolgt von Asien inklusive Japan (25%), Westeuropa (24%), Lateinamerika (14%), Osteuropa (4%) und dem kleinsten regionalen Markt Afrika mit 2%
(vgl. Tabelle 3). Detaillierte Daten zu den Exporten veröffentlicht der IVA nicht.
Tabelle 3: Exportierte Wirkstoffmenge nach Wirtschaftsräumen in Tonnen (IVA-Mitgliedsfirmen) |
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2000 | 2003 | |
USA/Kanada | 14 704 | 6 548 |
Mittel-/ Lateinamerika | 12 279 | 7 651 |
Afrika | 4 953 | 2 716 |
Westeuropa | 38677 | 38 807 |
Osteuropa | 7 064 | 9 485 |
Asien/Astralien | 24 752 | 16 050 |
Summe | 102 429 | 81 257 |
Zu den zentralen Kulturen des Pestizideinsatzes zählen laut IVA weiterhin Getreide, Mais, Reis, Soja und Baumwolle. Monetär betrachtet entfallen auf diese fünf Anbaufrüchte mit 12,3 Milliarden Euro rund 50% der eingesetzten Pestizide. Die Art der in den einzelnen Anbaukulturen eingesetzten Pestizide unterscheidet sich zum Teil erheblich. So werden im Sojaanbau mit einem Anteil von knapp 90% fast nur Herbizide eingesetzt, während im Baumwollanbau die Insektizide dominieren (65%). Im Getreideanbau wiederum sind es Herbizide und Fungizide, die mit zusammen 90% den Hauptanteil der eingesetzten Pestizide ausmachen.
Deutlich sichtbar auf dem Vormarsch ist das Geschäft mit genetisch manipulierten Nutzpflanzen. Während 1996 auf 1,7 Mio. Hektar Agrarfläche Gentech-Pflanzen angebaut wurden, waren es 2000 über 44 Mio. Hektar und 2003 bereits 67,7 Mio. Hektar.
Carina Weber
Quellen: IVA 2002 Jahresbericht 2001/2002, Industrieverband Agrar, Frankfurt sowie IVA 2004: Jahresbericht 2003/2004, Industrieverband Agrar, Frankfurt.
(Aus: PAN Germany, Pestizid-Brief Mai/Juni 2004)
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