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Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.

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Neues Pflanzenschutzgesetz – keine Entwarnung für Umwelt & Gesundheit

16.02.2012, PAN Germany, Susan Haffmans

Mit der Veröffentlichung des Gesetzes zur Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes im Bundesgesetzblatt am 13.2.12 tritt das neue Pflanzenschutzgesetz in Kraft.

Bis zuletzt hatten sich PAN Germany und andere Umwelt- und Verbraucherschutzverbände sowie einige Bundesländer für mehr Schutz vor Pestizid-Gefahren im neuen Pflanzenschutz Gesetz eingesetzt. Einige Verbesserungen konnten erzielt werden, doch PAN sieht noch erhebliche Defizite.

Positiv bewertet das Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany) das grundsätzliche Verbot des Spritzens aus der Luft, die Einschränkung der Pestizidanwendung auf Schul- und Kindergartengelände, Spielplätzen und benachbarten Flächen des Gesundheitswesens sowie die Verschärfung der Sachkunderegelung für berufliche Anwender von Pestiziden. Diese müssen nun ihren Sachkundenachweis alle drei Jahre durch Fort- und Weiterbildungen erneuern und können ihn bei wiederholten Verstößen gegen Vorschriften verlieren.

Doch Ausnahmeregelungen und eine zum Teil mangelhafte Umsetzung der Europäischen Vorgaben schwächen das Gesetz. Zu nennen sind erhebliche Versäumnisse im Bereich Gewässer-, Biodiversitäts- und Gesundheitsschutz. So steigen zwar die Anforderungen an berufliche Anwender von Pestiziden, doch unausgebildete Laien dürfen weiterhin ohne Sachkunde Pestizide in Haus- und Kleingärten versprühen. Beispiel hierfür ist das BAYER Garten Rosen Schädlingsspray, das neben dem bienengefährlichen Wirkstoff Imidacloprid den hochgefährlichen Wirkstoff Methiocarb enthält. Das verkaufsertige Mittel ist hochentzündlich und reizend. Der Dampf darf nicht eingeatmet werden und es darf nicht in die Hände von Kindern gelangen. Dies dürfte schwer zu gewährleisten sein, denn welcher Privathaushalt verfügt schon über einen abschließbaren Giftschrank. Auch ist das Mittel schädigend für Nutzorganismen und kann in Gewässern längerfristige Schäden bewirken.

Gerade der Schutz der Gewässer und aquatischer Lebensgemeinschaften vor Pestizideinträgen ist ein wichtiges Anliegen der europäischen Pestizid-Rahmenrichtlinie. Doch das neue Pflanzenschutzgesetz greift die beschriebenen Maßnahmen, wie die Einrichtung von Pufferzonen und Schutzgebieten zum Schutz vor Kontamination von Oberflächen- und des Grundwassers nicht auf. Forderungen von PAN Germany und anderen nach 5 Meter breiten ungespritzten Pufferbereichen entlang von Gewässern, blieben unbeachtet. So lässt man die Wasserversorger allein mit dem Problem Pestizid-belasteter Rohwasser.

Auch eine Umsetzung spezifischer Regelungen für die Anwendung von Pestiziden in Natura-2000-Gebieten sowie in Wasserschutz- und Trinkwasserschutzgebieten, wie es die Rahmenrichtlinie fordert, fehlt aus Sicht von PAN Germany. Das deutsche Pflanzenschutzgesetz beschränkt die Vorgabe, nur Pestizide mit geringem Risiko auszubringen, auf Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, wie Schulen- und Kindergärten. Es klammert jedoch, anders als die europäische Vorgabe, Gebiete aus, die aus Natur- oder Ressourcenschutzgründen sensibel sind. PAN kritisiert auch, dass es für die Anwendung von Pestiziden auf Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, wie Parks, Sport- und Spielplätze, Schul- und Kindergartengelände und benachbarten Flächen des Gesundheitswesens, an festgeschriebenen Dokumentationspflichten und Regelungen zur transparenten Veröffentlichung dieser Daten fehlt. Wie soll also überprüft werden, dass spezifischen Vorgaben eingehalten werden?

Ob die Neuregelungen zur guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz und die noch auszuarbeitenden Grundsätze für deren Durchführung künftig ermöglichen werden, eindeutig zu unterscheiden, ob ein Anwender nach guter fachlicher Praxis gewirtschaftet hat oder nicht, muss sich zeigen. Gesetzliche Regelungen, die Anrainer konventioneller Flächen zukünftig besser vor Pestizidabdrift schützen, sind dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Immer wieder wurde im Prozess der Novellierung betont, dass Deutschland einen sehr hohen Standard hat, bezüglich Ausbringungstechnik, Ausbildungsstand der Anwender, Kontrolle von Geräten und Umsetzung und Überprüfung gesetzlicher Pestizid-Regelungen. Doch wohl wissend, dass es in anderen Ländern, vor allem in Ländern des globalen Süden, in diesen Bereichen erhebliche Defizite gibt, enthalten die Exportregelungen des neuen Pflanzenschutzgesetzes einen doppelten Standard. Dieser setzt die Schutzziele für Mensch und Umwelt in den Empfängerländern deutlich niedriger als die Schutzziele, die für Mensch und Umwelt in Deutschland bestehen. Nach wie vor dürfen Pestizide exportiert werden, die in Deutschland aus Gründen des Gesundheits- oder Umweltschutzes verbotenen oder in der Anwendung stark beschränkt sind. Vor der Tatsache, dass gerade hochgefährliche Pestizide erhebliche Gesundheitsschäden verursachen können, von denen vor allem Kinder und Frauen sowie generell Menschen, die unter Armutsbedingungen leben betroffen sind, verschließt der Gesetzgeber die Augen.

Ob das Gesetz seinem in § 1 3. festgesetzten Zweck, „Gefahren, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln […], insbesondere für die Gesundheit von Mensch und Tier und für den Naturhaushalt, entstehen können, abzuwenden oder ihnen vorzubeugen“ erfüllen kann, wird zu überprüfen sein.

Gesetz zur Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes
PAN Stellungnahme zum Entwurf des Pflanzenschutzgesetz

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