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Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.

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161 Menschen in Benin durch Pestizide vergiftet

31.10.2010, PAN Germany, Alexandra Perschau

Aus: PAN Germany Pestizid-Brief September / Oktober 2010

Im Juli und August 2010 haben sich in Benin 161 Menschen durch Pestizide vergiftet. 19 der Vergifteten starben, darunter vier Kinder. Die in Benin ansässige OBEPAB, langjährige Partnerorganisation von PAN Germany, hat ein Team in die betroffene Region entsandt, um die genauen Umstände und Ursachen zu untersuchen1. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind die Vergiftungen durch Endosulfan verursacht worden, das illegal ins Land gebracht wurde und zum Lagerschutz auf pflanzliche Lebensmittel, vor allem Maniok, ausgebracht wurde.

Radioberichte über Vergiftungen, die durch Pestizide ausgelöst worden seien und die zum Teil ein tödliches Ende nahmen, haben die Nichtregierungsorganisation OBEPAB in Benin dazu veranlasst, ein Recherche-Team in die betroffenen Distrikte zu entsenden. Ziel der Mission war, die genauen Umstände der Vergiftungen zu erkennen und zu dokumentieren. Zu den Rechercheergebnissen zählten die Folgenden.

In den Gemeinden Tchaourou und Parakou haben sich in mehreren Dörfern Menschen durch Lebensmittel mit Pestizidrückständen vergiftet. Die Vergiftungssymptome umfassten Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, Krämpfe, Schwindelanfälle, Halluzinationen und Koma. Sie endeten teilweise tödlich. Unter den Vergiftungsopfern befinden sich mindestens 12 Kinder wovon vier Kinder starben.

Die Recherche zur Identifizierung der genauen Ursachen gestaltete sich schwierig, da die Opfer bzw. die Verwandten der Verstorbenen noch nicht in der Lage waren, offen und detailliert über das Geschehene zu berichten. Die Mitarbeiter von OBEPAB konnten aber in Erfahrung bringen, dass alle verzehrten Speisen, die in einen Zusammenhang mit den Vergiftungen gebracht wurden, mit getrocknetem Maniok zubereitet worden waren. In den besuchten Gesundheitsstationen gingen die Ärzte immer wieder von Baumwollpestiziden als Ursache für die Vergiftungen aus.

Es ist bekannt, dass einige Bauern, die ihre Waren auf lokalen Märkten zum Verkauf anbieten, die Pflanzen mit Pestiziden behandeln, um bei der Lagerung Schädlingsbefall zu vermeiden. Baumwoll-Pestizide sind hier besonders beliebt, weil sie als "effektiv" gelten. Zudem ist auffällig, dass derartige Vergiftungsfälle immer wieder in Zeiten auftreten, wenn im Baumwollanbau das Spritzen der Faserpflanzen ansteht, und die Pestizide dadurch verfügbar sind.

Vergiftungsfälle in Benin im Juli und im August 2010
Gemeinde und Dorf Vergiftung/ tödlich Alter der Opfer Lebens­mittel
Tchaourou Tékaprou 10/8 3-60 Getreide Maniok
Tchaourou Papanè 4/4 3-10 Mais
Parakou Akéké 12/0 1-38 Maniok­mehl
Parakou Tourou 13/5 6-32 Getreide Maniok
Parakou Zongo 2 7/2 14-18 Getreide Maniok
Parakou Gbira 35/0 5-40 Augenbohnen, vermutl. Maniok
Parakou Guéma 80/0 3-60 Getreide Maniok

Welcher Wirkstoff Auslöser des furchtbaren Ereignisses war, ist nicht eindeutig belegt. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass Endosulfan für die Vergiftungen verantwortlich sein könnte. Der Wirkstoff ist wegen diverser Vergiftungsfälle zwar inzwischen offiziell nicht mehr zugelassen. Dennoch gelangt er immer wieder illegal ins Land. Die Nähe der beiden betroffenen Gemeinden zu Nigeria und der rege Schwarzhandel mit dem Nachbarland, u.a. mit Endosulfan, lenken die Aufmerksamkeit auf dieses Pestizid.

Die Reaktion der regionalen Verwaltung auf die Vorfälle macht vor allem ein hohes Maß an Hilflosigkeit deutlich. Gemeinsam mit dem staatlichen Landwirtschaftsberatungsdienst ruft sie die Bevölkerung über das Radio dazu auf, auf dem Markt gekaufte Lebensmittel mit viel Wasser zu waschen.

Die Vorfälle machen deutlich:

  • Pestizidvergiftungen finden nicht nur auf den Feldern statt. Die unkontrollierte Verfügbarkeit von Pestiziden ist in vielen Lebensbereichen ein Risiko. Die Risiken sind deshalb nicht auf Pestizid-Anwender beschränkt.
  • Schulungsprogramme für Bauern zur "sicheren Anwendung" von Pestiziden sind kein probates Mittel, um die Bevölkerung in Entwicklungsländern vor Pestizidrisiken zu schützen. Konsequenten Schutz bieten allein die Nicht-Verbreitung gefährlicher Pestizide und die Umstellung auf biologische Anbausysteme.
  • Nationale Verbote gefährlicher Wirkstoffe wie Endosulfan sind insbesondere in Entwicklungsländern nicht ausreichend. Solange die Wirkstoffe "in Reichweite" verfügbar sind, werden Wege gefunden, sie illegal ins Land zu schaffen. Stoffe, die immer wieder Vergiftungsfälle verursachen, ob nun durch sachgemäße oder durch nicht zu verhindernde illegale Anwendungen, müssen international verboten werden. Für Endosulfan erfolgt dieser längst überfällige Schritt hoffentlich endlich mit der anstehenden Vertragsstaatenkonferenz der Stockholmer Konvention.


(Alexandra Perschau)

1.OBEPAB (2010): Rapport sur les intoxicati-ons des populations de Tchaourou et de Parakou en juillet et debut aout 2010.

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