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Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.

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Beratung im Umweltrat zur Biozid-Verordnung: Fortschritte kaum erkennbar

30.09.2010, PAN Germany, Christian Schweer

Aus: PAN Germany Pestizid-Brief Juli / August 2010

Am 11. Juni 2010 befassten sich die Umweltminister der EU-Mitgliedsstaaten erneut mit der Biozid-Verordnung. Der Fortschrittsbericht, den die zuständige Arbeitsgruppe für die Beratung der Minister vorgelegt hat, und der Umweltrat selbst setzen wenige neue Akzente für den Umwelt- und Verbraucherschutz. PAN Germany fordert ein Umdenken.

Die Arbeitsgruppe des Umweltrates hat sich seit den letzten Beratungen der Minister zur Biozid-Verordnung (22. Dezember 2010) mit nahezu allen Kapiteln der Biozid-Verordnung befasst.

Sowohl Fragen zur Ausgestaltung der Zielbestimmung der Gesetzesinitiative wie auch die Rolle der europäischen Chemikalienagentur ECHA oder der Geltungsbereich der zentralisierten Produkt-Zulassung. Der Fortschrittsbericht verdeutlicht, dass es noch zu vielen Punkten weiteren Klärungsbedarf gibt. Die Mitgliedsstaaten sind sich beispielsweise uneins darüber, für welche Biozid-Produkte eine EU-weite Zulassung eingeführt werden soll. Während sich zum Beispiel Dänemark, Deutschland und das Vereinigte Königreich für eine EU-weite Zulassung grundsätzlich aller Biozidprodukte aussprechen, stehen die Niederlande dieser Initiative kritisch gegenüber.

Es wird angesichts der unterschiedlichen Auffassungen wahrscheinlicher sein, dass lediglich wenige zusätzliche Produktgruppen europaweit in Verkehr gebracht werden können. Hierzu zählen die Biozide, die etwa zur Konservierung von Farben oder weiterer Materialien (sogenannte Topfkonservierer) zum Einsatz kommen.

Verschiedene Positionen vertreten die Mitgliedsstaaten auch zur Rolle der ECHA, wenn es etwa um die Bewertung von Zulassungsanträgen geht. Des Weiteren gibt es einen Dissens über das "Wie" der Förderung von Biozid-Produkten mit geringem Risikopotenzial oder wie man mit "Trittbrettfahrern" umgehen soll (Produkt-Anbieter, die sich an den Kosten der Biozid-Bewertung nicht beteiligt haben).

Hinsichtlich biozidbehandelter Erzeugnisse sollen Fabrikate, die eine "externe" (biozide) Funktion haben - wie etwa mit Schädlingsbekämpfungsmitteln ausgerüstete Mückennetze, Müllbeutel oder Anti-Geruchssocken - wie Biozidprodukte überprüft und zugelassen werden. Dieser Ansatz ist zu begrüßen. Allerdings wird für Materialien, die durch den Einsatz von Bioziden selbst geschützt werden sollen (z.B. vor Mottenfraß geschützte Teppiche), ein weniger reguliertes Zulassungsverfahren vorgeschlagen und auch die Kennzeichnung wird in diesem Fall nicht strikt genug sein (z.B. ist die Angabe der Wirkstoffe auf dem Etikett nicht verbindlich).

Genauer hinsehen wird PAN Germany auch bei dem Bestreben der Mitgliedsstaaten, die Datenanforderungen weiter abzubauen. Dabei muss überprüft werden, ob diese Änderungen tatsächlich dem Tierschutz dienen und zugleich keine Risiken für Umwelt und Verbraucher bedeuten.

Problematisch ist zudem die Initiative der spanischen Ratspräsidentschaft, den Anwendungsbereich der Ausnahmeklauseln zum Cut-off Regime weiter auszubauen. So sollen hochgefährliche Rattengifte auch dann zum Einsatz kommen dürfen, wenn es für den Schutz der öffentlichen Gesundheit nicht zwingend erforderlich ist.

Auch für das Substitutionsprinzip sind gegenüber dem Kommissionsentwurf Abschwächungen vorgesehen. So sollen entwicklungsneurotoxische oder -immunotoxische Substanzen nicht durch weniger bedenkliche Alternativen ersetzt werden.

PAN Germany fordert daher ein Umdenken im Rat. Wichtig muss es sein, dass die Minister die Rahmenbedingungen schaffen, damit Umwelt und Verbraucher besser statt schlechter vor den Biozid-Risiken geschützt werden. Der Umweltrat hat sich zwar in seiner vorletzten Sitzung dafür ausgesprochen, Umweltkriterien für das Cut-off Regime einzuführen. Diese Neuerung reicht aber für den Schutz der EU-Bürger und der Biodiversität nicht aus. Die Ergebnisse des EP-Umweltausschusses geben zumal Anlass genug, sich geschlossen für weitere Nachbesserungen am Kommissionsentwurf einzusetzen, die der Allgemeinheit dienen. Wichtig sind beispielsweise nationale Handlungsspielräume für striktere Schutzstandards.

(Christian Schweer)

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