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Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.

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Kein Plan für pestizid- und biozidfreie Gewässer

30.04.2010, PAN Germany, Christian Schweer

Aus: PAN Germany Pestizid-Brief März / April 2010

Am 22.3.2010 musste die Bundesregierung die Bewirtschaftungspläne für die 10 deutschen Flussgebiete an die EU-Kommission übermitteln. Diese Pläne erfüllen aus PAN-Sicht nicht die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL): Bund und Länder wollen sich dreimal soviel Zeit lassen wie gefordert, um einen guten ökologischen Qualitätszustand von Gewässern zu erreichen. PAN Germany bemängelt, dass Pestizide und Biozide weiter in Flüsse und Grundwasser gelangen können.

PAN Germany hat die Bewirtschaftungspläne für die Flussgebiete Elbe, Rhein und Weser im Hinblick auf den Umgang mit Pestizid- und Biozideinträgen bewertet.

Pestizide in Flussgebieten

In allen 3 Flussgebieten bleiben Pestizidwirkstoffe wie Isoproturon, aber auch Diuron und DDT in den Gewässern nachweisbar. Während in größeren Nebenflüssen des Rheins (vereinzelt) Probleme mit Pestiziden fortbestehen, stellen die Behörden im Flussgebiet Weser nur lokalen Handlungsbedarf fest. Im Gewässernetz der Elbe sind es 1% der Grundwasser und 2% der Flüsse und Seen, die die chemischen Qualitätsanforderungen aufgrund der Pestizid-Einträge nicht erreichen.

Leicht lässt sich folgern, dass die Pestizidproblematik gegenüber anderen Belastungen wie etwa Nitrat-Einträge oder Flussverbauungen weniger relevant seien - zumal im Bewirtschaftungsplan für die Elbe darauf verwiesen wird, dass viele der nachgewiesenen Pestizide nicht mehr zugelassen sind. Löst sich also das Problem mit der Zeit von selbst? Die Belastungssituation dürfte durchaus ernster sein, als die genannten Daten in den Bewirtschaftungsplänen vermitteln. Hierfür gibt es einige Anhaltspunkte: Für das Einzugsgebiet der Tideweser etwa ist dokumentiert, dass die Belastungen durch Pestizide nicht lokal beschränkt sind. Zudem sind im Flussgebiet Elbe Pestizid-Probleme im Zusammenhang mit dem Anbau von Biomasse genannt, aber nicht weiter erläutert.

Das Überwachungs-Messnetz ist nicht überall engmaschig genug, um alle relevanten Verunreinigungen zu ermitteln oder den Gesamtzustand verlässlich bestimmen zu können. Im Flussgebiet Elbe und Rhein legen zum Beispiel die Ergebnisse einer Messstelle fest, wie der Zustand der Grundwasser innerhalb eines Gebietes von durchschnittlich 40 km² ist. Zudem wird im Flussgebiet Elbe nicht in oberflächennahen Grundwasserbereichen gemessen, so dass Verunreinigungen im betroffenen Gewässer überhaupt nicht bzw. erst mit Verzögerung messbar sind.

Mangel an Transparenz

Informationen über die Ursachen der Pestizid-Einträge sowie Mengen-Angaben sind allenfalls abstrakt formuliert. Für die Belastung verantwortlich gemacht werden Flächen- und Hofabläufe von landwirtschaftlichen Betrieben und Kleingartenanlagen. Auf aktuellere Arbeiten wird nicht eingegangen (vgl. Beitrag zu Hofabläufen in dieser Ausgabe). Für die Elbe sind zur Minimierung der Pestizideinträge zwar Reduktionsziele festgelegt, jedoch begrenzen sich diese auf weitgehend verbotene Wirkstoffe (z.B. DDT, Lindan, HCB).

Maßnahmen werden häufig nur umrissen. Dabei wird oft auf die Umsetzung der Pflanzenschutz-Richtlinie verwiesen. Auf die bald zu erstellenden Pestizid-Aktionspläne und die Abstimmung dieses Instrumentes mit dem Bewirtschaftungsplan wird nicht eingegangen. Näher beschrieben sind vor allem weniger verbindliche Ansätze wie Vereinbarungen und Fördermaßnahmen für die Beratung und Fortbildung von landwirtschaftlichen Betrieben bzw. zur Unterstützung des ökologischen Landbaus. Es wird aber nicht näher erläutert, wann und mit welcher Gewichtung diese Maßnahmen zukünftig umgesetzt werden sollen.

Wichtige Instrumente der WRRL wenden die Behörden nicht an. Hierzu zählen Sektor- oder problembezogene Strategien, kombinierte Ansätze zur Reduktion der Pestizideinträge aus Punktquellen und diffusen Quellen, die Einführung umweltökonomischer Maßnahmen wie etwa eine risikobezogene Pestizidgebühr oder die Gewährleistung effizienterer Kontrollen und Sanktionen.

Selbst die flächendeckende Ausweisung von Gewässerrandstreifen bleibt ungewiss (die wohl Pestizid-Einträge ohnehin nicht mindern werden). In Sachsen sollen zum Beispiel nur an jedem fünften Fluss Pufferzonen eingerichtet werden. Bundesweit ermöglicht das novellierte Wasserhaushaltsgesetz jedem Landwirt, selbst in diesen Pufferzonen Pestizide anzuwenden.

Ähnlich defizitär werden Gewässerrelevante Biozide behandelt. Allenfalls die Probleme mit kupferhaltigen Antifoulingmitteln und im Wasserbau eingesetzten Holzschutzmitteln finden in knapper Form Erwähnung. In den Flussgebieten Elbe und Rhein lässt sich weiterhin das längst verbotene Antifoulingmittel Tributylzinn nachweisen. Zusätzliche Belastungen, etwa durch andere Antifoulingmittel wie Igarol oder Schutzmittel aus Kühlanlagen werden nicht genannt, obwohl sie Risiken bergen.

Ausblick

Die Umweltziele für die Flussgebiete Elbe, Rhein und Weser sind weder anspruchsvoll, noch ausreichend formuliert. Bis zum Jahr 2015 werden z.B. im Flussgebiet Elbe nur 14% der Flüsse und 57% der Grundwasser die Umweltziele erreichen. Für die meisten Flüsse sind Ausnahmen von den Qualitätsanforderungen der WRRL vorgesehen, was den EU-Vorgaben widerspricht. Die Situation stellt sich in den anderen Flussgebieten ähnlich dar und ist von den Umweltverbänden bereits während der Anhörung kritisiert worden.

PAN Germany hält es für erforderlich, dass in den nächsten 3 Jahren die Reduktionsansätze für Pestizid- und Biozid-Einträge weiter spezifiziert entschlossen umgesetzt werden. Die Fachöffentlichkeit ist bei den Entscheidungen mit einzubeziehen.

(Christian Schweer, PAN Germany)

Die Bewirtschaftungspläne der 10 deutschen Flussgebiete sind verfügbar auf der Bund-Länder-Informations- und Kommunikationsplattform: http://wasserblick.net/servlet/is/1/

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