29.10.2009, PAN Germany, Christian Schweer
Aus: PAN Germany Pestizid-Brief September / Oktober 2009
Angesichts der aktuellen Revision des EU-Biozidrechts erinnert PAN an den deutschen Biozid-Überwachungsbericht 2008. Die teilnehmenden Bundesländer bestätigen darin, dass Hersteller und Handel sich oft nicht an die Vorschriften zum Schutz von Umwelt und Verbrauchern halten. Der Bericht betrifft nur die Spitze des Eisbergs.
2006 und 2007 haben acht Bundesländer eine gemeinsame Schwerpunktüberwachungsaktion von Biozidprodukten durchgeführt. Hersteller, Handel und Verwender wurden darauf hin überprüft, ob sie bei der Vermarktung und beim Umgang mit Bioziden die chemikalienrechtliche Kennzeichnungsvorschriften und die Vorgaben der Biozid-Richtlinie 98/8/EG einhalten. Anlass waren die alarmierenden Ergebnisse vorheriger Kontrollen in Deutschland: Die Umweltbehörden stellten fest, dass der überwiegende Anteil der untersuchten Biozidprodukte Mängel bei der Kennzeichnung aufwies und auch ihre Bewerbung zu beanstanden war. Mit der erneuten Überwachung wollten die Länder u. a. dazu beitragen, Handel, Hersteller und die nachgeordnete Verwaltung zu sensibilisieren sowie den Erfahrungsaustausch zwischen den zuständigen Behörden zu verbessern.
Insgesamt wurden 1315 Biozidprodukte untersucht, wobei sich das Hauptaugenmerk auf Desinfektions-, Schädlingsbekämpfungs- und Holzschutzmittel richtete. Die Untersuchung schloss mit einer langen Mängelliste ab und bestätigte erneut die unzureichende Einhaltung des allgemeinen Chemikalien- und Biozidrechts in Deutschland. Beispiele:
Die Überwachungsdaten sind zum Teil in das elektronische Marktüberwachungssystem ICSMS aufgenommen worden. Die Erfahrungen sollen auch in das europäische Biozid-Überwachungs-projekt "Eurobiocides" einfließen. Darüber hinaus haben die Bundesländer Folgerungen für die Novellierung des EU-Biozidrechts formuliert. Diese sind u.a.: Biozidprodukte, von denen keine Gefährdung ausgeht, sollen nicht geregelt werden, das Biozidrecht und andere Rechtsbereiche sollen besser abgegrenzt werden und Zulassungen für Biozidprodukte sollen EU-weit gelten.
Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass die Bundesländer ihre Untersuchungen zur Vermarktung von Biozidprodukten fortgeführt und erweitert haben. Zudem entwickelten die beteiligten Bundesländer einen Leitfaden, der eine systematische und vergleichbare Biozid-Überwachung in Deutschland erleichtert. Zufrieden stellen können die Arbeiten der Bundesländer aber noch nicht.
50% der Bundesländer haben sich nicht an der Überwachung beteiligt. Die Untersuchungen konzentrierten sich z.T. auf wenige Produkte bzw. Anwendungsbereiche (z.B. kaum Kontrollen der Trinkwasser-Desinfektionsmittel und Mittel für Kühlsysteme und Schiffe) und die Verwendung von Bioziden wurde nicht kontrolliert. Unbeantwortet bleibt die Frage, inwiefern deutsche Hersteller die Biozid-Vorschriften eingehalten haben und ob zum Beispiel Bußgeldverfahren eingeleitet wurden. Zudem ist unklar, ob die Überwachungen weiter ausgebaut werden.
Ein umfassender Bericht, der auch Angaben aus dem Umweltmonitoring enthält, wäre wünschenswert. Und es stellt sich die Frage, warum die Bundesländer versäumt haben, für die Revision des EU-Biozidrechts die naheliegendsten Schlussfolgerungen zu ziehen. Angesichts der weiterhin unzureichenden Datenlage und der bereits aufgedeckten Verstöße ist eine pauschale Herausnahme von bestimmten Biozidprodukten oder die EU-weite Gültigkeit von Zulassungen sogar kritisch zu betrachten. Wichtig wären Vorgaben für ein verbessertes Kontrollregime mit regelmäßiger Berichterstattung, Qualifikations- und Zertifizierungssysteme für Vermarkter und Anwendungsvorschriften.
(Christian Schweer)
Der Bericht "Ergebnisse der Schwerpunktüberwachungsaktionen 2006/2007 von Biozidprodukten im Handel, bei Herstellern und Verwendern. Gemeinsamer Bericht der Länder für die Umweltministerkonferenz" ist auf der Internetseite der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Chemikaliensicherheit (BLAC) abrufbar. Siehe: http://www.blac.de/servlet/is/2146/P-8a.pdf
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