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Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.

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Weltbank: Große Schäden in Entwicklungsländern durch Pestizide

01.01.2007, Susan Haffmans

Aus: PAN Germany Pestizid-Brief Januar/Februar 2007

Die Entwicklungs- und Forschungsgruppe der Weltbank hat Daten aus Bangladesh und Vietnam analysiert und ausgewertet und kommt zu dem Schluss, dass Landwirte in diesen Ländern - und allgemein in Entwicklungsländern - einem erheblichen gesundheitlichen Risiko durch Pestizide ausgesetzt sind.1

Untersucht wurde sowohl das Risikobewusstsein von Bauern, die Pestizide anwenden und ihr Umgang mit Pestiziden, als auch die Auswirkungen der Pestizide auf ihre Gesundheit. Die Forschungsarbeit liefert laut Angaben der Weltbank eine einfache Methode, sogenannte "toxic hotspots" in Entwicklungsländern zu identifizieren, selbst wenn detaillierte Daten über den Einsatz von Pestiziden vor Ort fehlen.

Die Untersuchungen wurden durch eine Gruppe von Wissenschaftlern um die Weltbank-Ökonomin Susmita Dasgupta durchgeführt. Für Bangladesh kommen sie zu folgenden Ergebnissen: zu viel Pestizideinsatz, zu wenig Anwenderschutz. Von den 820 untersuchten Bauern, die Reis, Kartoffeln, Bohnen, Kohl, Zuckerrohr und Mangos anbauen, setzten 47% der Bauern mehr Pestizide ein als notwendig gewesen wären, um die Kultur zu schützen, nur 4% der Bauern waren im Umgang mit Pestiziden geschult und über 87% der Anwender gaben an, kaum oder gar keine Schutzkleidung zu tragen, wenn sie Pestizide anwenden.

Als ein zentrales Problem konnten sogenannte unnötige Pestizidanwendungen identifiziert werden. Die Wissenschaftler sehen als Gründe für den überhöhten Einsatz von Pestiziden die Unwissenheit über die Giftigkeit der Mittel, die angebauten Kulturen (was wird angebaut), die Besitzverhältnisse (wem gehört das Land bzw. die Farm), das Einkommen und die geografische Lage. Als Hauptinformationsquelle für Informationen über Pestizide benennen die meisten Bauern die Pestizidhändler. Von diesen leiden selbst laut eigenen Angaben über die Hälfte an wiederholten gesundheitlichen Symptomen, die sie mit akuten Pestizidvergiftungen in Zusammenhang bringen. Und obgleich sie vorbildlich handeln sollten, gaben 92% der Händler an, keine Schutzkleidung zu tragen, wenn sie mit Pestiziden hantieren. Hier offenbaren sich große Wissenslücken in der Zulieferkette für Pestizide. Für PAN Germany sind dies erneute Beweise dafür, dass die Umsetzung des internationalen FAO Verhaltenskodex über das Inverkehrbringen und die Anwendung von Pestiziden vorangetrieben werden muss2. Die Untersuchungen in Bangladesch zeigen, dass auf politischer Ebene dringender Handlungsbedarf besteht, um die Menschen in die Lage zu versetzen, sicherer mit gefährlichen Pestiziden umzugehen. Besser noch: durch alternative Anbauverfahren die Verwendung gefährlicher Pestizide zu vermeiden.

Untersuchungen aus Bangladesh und Brasilien haben auch gezeigt, dass spezifische Kulturen in bestimmten geografischen Lagen mehr Probleme im Hinblick auf Pestizide mit sich bringen als andere. So offenbart sich die Pestizidproblematik in Brasilien vor allem beim Anbau von Sojabohnen, Zuckerrohr, Baumwolle, Obst und Tabak - also vorwiegend im Anbau von Exportgütern. Die Wissenschaftler fordern daher besonders für diese Regionen und Anbaukulturen besondere Trainingsprogramme, die Einführung integrierter Pflanzenschutzprogramme sowie vermehrte Forschung im Bereich alternativer, kulturspezifischer Schädlingskontrolle.

Um zu überprüfen, ob die "gefühlten" gesundheitlichen Probleme, die von den Bauern auf die Anwendung der Pestizide zurückgeführt werden, tatsächlich mit den Pestiziden in Verbindung stehen, wurden Bluttests durchgeführt. Es zeigte sich, dass die Korrelation zwischen gefühlten Symptomen und nachgewiesener Belastung zwar nur gering ist, dennoch offenbaren sie erhebliche Belastungen: Von den 190 untersuchten Reis-Bauern in Vietnam konnten bei mehr als 35% akute Pestizidvergiftungen nachgewiesen werden, und 21% der Bauern litten unter chronischen Pestiziderkrankungen.

Dasgupta macht deutlich, dass es sich um ein strukturelles und kein individuelles Problem handelt. Sie unterstreicht, dass auch Handlungsbedarf besteht, wenn einzelne Bauern verantwortungsvoll handeln. Die Belastung der Lebensgrundlagen - Boden, Wasser, Luft - bleibt bestehen. Pestizidbelastete Abflüsse und Verwehungen von Ackerflächen vergiften Seen und Gewässer, kontaminieren Nachbarflächen und Populationen und nicht zuletzt auch die Menschen.


1 World Bank Weekly Update - January 15, 2007. Weitere Informationen unter http://econ.worldbank.org/WBSITE/EXTERNAL/EXTDEC/EXTRESEARCH/0,,contentMDK:21139876~pagePK:64165401~piPK:64165026~theSitePK:469382,00.html

2 Mehr Informationen unter http://www.fao-code-action.info/

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