22.02.2018, PAN Germany Pestizid-Brief 1-2018, Tamara Gripp
Download dieses Artikels
Mit dem Potenzial zur Erholung der überfischten Wildfischbestände und gleichzeitig zur Ernährungssicherung künftiger Generationen beizutragen, hat der Wirtschaftssektor Aquakultur weltweit an Bedeutung gewonnen. Aber im Hinblick auf den Einsatz von chemischen Substanzen wie Antibiotika, Antiparasitika und Antifoulings in der Fischzucht stellt sich die Frage, wie nachhaltig die Produktion von Aquakulturerzeugnissen wirklich ist und welche Umweltrisiken wir dafür in Kauf nehmen. Das PAN Germany Hintergrundpapier "Aquakultur im Überblick - Umweltbelastungen durch Arzneimittel und Antifoulings, wirtschaftliche Bedeutung und Fragen der Ernährungssicherung" (1) stellt die typischen Haltungssysteme und die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Aquakultursektors in Deutschland und der EU vor. Einen besonderen Fokus legt das Hintergrundpapier dabei auf die Umweltrisiken durch den Einsatz von Arzneimitteln und Antifoulings sowie auf Möglichkeiten, diese Risiken zu reduzieren.
Aquakultur und Umweltbelastungen
Die intensive Nutzung natürlicher Ressourcen und der Eingriff in aquatische Ökosysteme bergen erhebliche Umweltrisiken. Insbesondere bei offenen Aquakulturanlagen, die in natürliche Gewässer eingebettet sind, können negative Auswirkungen auf die Umwelt nicht ausgeschlossen werden. (2) Durch das Bewirtschaften von Fischteichen, die Verankerung von Netzgehegen sowie durch Fütterung der Tiere und Reinigung der Anlagen kommt es zu Beeinträchtigungen der Umwelt, die bis hin zur Vernichtung natürlicher Lebensräume und zu einem erheblichen Biodiversitätsverlust führen können. Hinzu kommt die Gefahr der Kontamination aquatischer Ökosysteme durch den Einsatz von Chemikalien. Dazu zählen sowohl Tierarzneimittel wie Antibiotika und Antiparasitika als auch andere umweltschädliche chemische Substanzen wie Desinfektionsmittel und biozidhaltige Antifoulings. Trotz unterschiedlicher Verwendungszwecke haben diese eingesetzten Mittel gemein, dass sie Organismen abtöten und sich ihre Wirkung nicht nur auf Zielorganismen beschränken. (3) Je nach Wirkungsweise können bereits geringe Konzentrationen der Wirkstoffe verheerende Auswirkungen auf Nicht-Zielorganismen und ganze Ökosysteme haben, indem sie beispielsweise Fortpflanzungsversagen, Wachstumshemmung und Verhaltensänderungen hervorrufen. (4)
Aquakultur und TierarzneimittelIn der Aquakultur liegen die Besatzdichten meist über der natürlichen Populationsdichte der Tiere, so dass es vermehrt zu Stress kommt. Erhöhte Stresslevel machen die Zuchttiere anfälliger für Krankheitserreger, die sich in hohen Besatzdichten wiederrum schneller verbreiten können. Im Sinne des Tierwohls müssen Erkrankungen in der Aquakulturzucht behandelt werden, allerdings beschränkt sich in der klassischen Aquakultur die Behandlung mit Tierarzneimitteln nicht auf erkrankte Tiere, sondern wird in der Regel für den gesamten Bestand durchgeführt, da eine Isolation erkrankter Tiere schwer oder nicht möglich ist. (5) Die Anwendung von Arzneimitteln in offenen Aquakultur-Systemen stellt somit eine besondere Gefahr für die Umwelt dar, weil die Präparate direkt in die aquatische Umwelt abgegeben werden. (6) Massenmedikation ganzer Bestände, falsche oder zu kurze Behandlungen, unzureichende Wirkstoffwechsel, schlechte Haltungsbedingungen, mangelhafte Betriebsführung, fehlende oder defizitäre Risikoprüfung können zudem die Entwicklung von Resistenzen begünstigen und auf diese Weise sowohl die Gesundheit der Zuchttiere als auch die der Wildtierpopulationen gefährden. (7)
Aquakultur und UmweltverträglichkeitDass Aquakultur auch umweltverträglicher praktiziert werden kann, zeigen die Zertifizierungsstandards der Bio-Siegel, die u.a. den Einsatz von Arzneimitteln beschränken und niedrige Besatzdichten vorschreiben, sowie innovative Aquakultursysteme wie die Integrierte Multitrophe Aquakultur (IMTA). Durch das Halten verschiedener Kulturarten in einer Anlage werden hier das eingesetzte Futter effizienter genutzt und umweltschädliche Nährstoffüberschüsse vermieden. (8)
Forderungen von PAN GermanyWeitere Informationen rund um das Thema Aquakultur, zu den politischen Zielen, zu wirtschaftlichen Kennzahlen und zu Zertifizierungen finden Sie in dem PAN-Hintergrundpapier Aquakultur.
(Tamara Gripp, PAN Germany)
© 2018 PAN Germany Seitenanfang PAN Germany, E-Mailvalidieren