31.10.2011, PAN Germany, Carina Weber
Aus: PAN Germany Pestizid-Brief September/Oktober 2011
Ende September 2011 starteten PAN Afrika und PAN Germany gemeinsam im Senegal in der Region Niayes ein Pilotprojekt zur risikoärmeren Kontrolle von Malaria - mit breiter Beteiligung der lokalen Bevölkerung.
Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge verursacht die Krankheit Malaria jährlich rund 800.000 Todesfälle.1 Unter den Opfern sind vor allem arme Menschen in Entwicklungsländern, besonders Kinder.
Schlüssel-Interventionen der Weltgesundheitsorganisation
Die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation zur Malariakontrolle umfassen im Wesentlichen drei Arten von Interventionen:
Damit basieren die drei Schlüssel-Interventionen der WHO allesamt auf chemischen Mitteln. Dieses Interventionsbündel ist jedoch mit erheblichen Risiken verbunden. Zum einen sind Medikamente sowie die zur Behandlung der Bettnetze und die bei der Innenraum-Besprühung verwendeten Chemikalien mit unerwünschten gesundheitlichen und auch ökologischen Risiken verbunden. Zum anderen entwickeln sowohl die Malaria-Erreger wie auch die Mücken Resistenzen gegen die verwendeten Chemikalien. Die Möglichkeiten eines Resistenz-Management sind jedoch begrenzt, da nur eine geringe Anzahl von Medikamenten und Insektiziden zur Verfügung steht. Die WHO weist ausdrücklich darauf hin, dass eine langfristige Kontrolle von vektorbedingten Krankheiten in Afrika gefährdet ist. Dabei richtet sie die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass Insektizid-Resistenzen zunehmend zu befürchten sind, weil das Arsenal an relativ wenig humantoxischen und gleichzeitig kostengünstigen Insektiziden begrenzt ist.2
Die aktuelle Malaria-Kontrollstrategie im Senegal
2005 begann Senegal mit dem systematischen Aufbau eines Malariaprogramms. Dieses Programm wurde mit mehr als 130 Mio. US-Dollar ausgestattet. Einem WHO-Bericht3 zufolge wurden damit in der Zeit von 2005 bis 2010 unter anderem folgende Ergebnisse erzielt:
Der WHO-Bericht führt nach der Nennung der Erfolge aus, dass nun die große Herausforderung besteht, das hohe Finanzierungsniveau zu halten. Eine weitere Herausforderung wurde bereits genannt: die von Resistenzen ausgehenden Gefahren für den Erfolg dieses stark chemisch basierten Ansatzes müssen beherrscht werden.
Gegenwärtig werden durch die WHO (WHOPES) 12 Insektizide aus vier chemischen Klassen für die Innenraum-Behandlung zur Malaria-Kontrolle empfohlen. Da zur Behandlung von Bettnetzen ausschließlich Wirkstoffe aus der Gruppe der Pyrethroide verwendet werden, ist das Programm in diesem Bereich besonders stark von Resistenzen bedroht.4
Warum startet PAN ein Malaria-Pilotprojekt?
Die Beweggründe für das PAN Malaria-Pilotprojekt betreffen sowohl das Ausmaß an Opfern dieser Tropenkrankheit als auch die Hauptrisiken der gegenwärtig vorherrschenden Malariapolitik: die Bedenken angesichts des starken Chemikalien-Einsatzes und die Resistenz-Entwicklung. Die Belastung durch Chemikalien erleiden Menschen, die ohnehin in einer prekären Lage leben und aufgrund von Mangel- und Unterernährung den Giften gegenüber besonders anfällig sind. Deshalb sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, die bei einer Reduktion der Malariafälle auch die chemische Belastung der Bevölkerung reduzieren.
Risikoärmere Ansätze der Malariakontrolle sind dokumentiert
Während der vergangenen drei Jahre hat PAN Germany intensive Recherchen über nicht-chemische Ansätze der Malaria-Kontrolle durchgeführt und solche Ansätze dokumentiert. Erfasst wurden sowohl aktuelle wie auch historische Praxisbeispiel und Methoden. Dabei wurde deutlich, dass Möglichkeiten existieren, um den Chemikalien-Einsatz in der Malariakontrolle zu reduzieren und gleichzeitig die Anzahl der Malariaopfer zu reduzieren. Es wurde zudem deutlich, dass aktuell nur wenige praktische Vorhaben existieren, im Rahmen derer alternative Ansätze systematisch angewendet werden. Auf der anderen Seite zeigte sich, dass Vorreiterprojekte wie in Mexiko oder in Kenia5 erheblich dazu beitragen können, dass das positive Potential nicht-chemischer Ansätze wahrgenommen und in Regierungsprogramme übernommen werden kann. Wichtig ist jedoch ein ganzheitlicher Ansatz.
Ursache der Erkrankung sind Parasiten (Plasmodium), die über den Stich einer weiblichen Anopheles-Mücke von dieser auf den Menschen übertragen werden können. Im Körper des Menschen pflanzen sich die Parasiten fort und infizieren dann schließlich die roten Blutkörperchen. Wird ein infizierter Mensch gestochen, können Parasiten vom Menschen auf die Mücke übertragen werden - der Kreislauf schließt sich. Malaria-Überträger sind also nicht nur bestimmte Mücken, sondern auch Menschen. Ganzheitliche Ansätze zur Malaria-Kontrolle zielen daher nicht nur auf Mücken, sondern auch auf die Parasiten in infizierten Menschen und auch auf Lebensräume der Mücken einschließlich ihrer Brutgebiete ab.
PAN ist bewusst, dass ein technologischer Wandel - auch im Gesundheitssystem - nur dann erfolgt, wenn eine ausreichende Anzahl an "Pionieren" praktisch beweisen, dass weniger mit Risiken behaftete Ansätze praktikabel sind. PAN Afrika und PAN Germany wollen deshalb, die wenigen Initiativen zur Nutzung nicht-chemischer Ansätze in der Malaria-Kontrolle durch ein weiteres Projekt stärken.
Für eine Gemeinde- und Ökosystem-basierte Malariakontrolle
Angesichts der Risiken, die mit den gegenwärtigen Strategien der Malaria-Kontrolle verbunden sind, fördert PAN einen gemeinde- und ökosystembasierten Ansatz der Malaria-Kontrolle. Zwei wichtige Aspekte dieses Ansatzes sind:
Der Ansatz der Gemeinde- und Ökosystem-basierten Malariakontrolle wurde bereits beim Start des PAN-Projektes im Dorf MBeer deutlich. Mehr als 300 Bewohner des Dorfes sowie aus Nachbardörfern nahmen an der Auftaktveranstaltung des Projektes teil. Ein wichtiges Thema bei der Vorstellung der Projektidee waren jene Umweltbedingungen, die einen Einfluss auf die Malaria-Rate haben können.
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